Text und Begründung:
Mit Beschlussdatum vom 12.01.2016 und Inkraftsetzung per 01.08.2016 hat der Grosse Rat erstmalig, nach wiederholtem Versuch, ein Rahmengesetz zur familienergänzenden Kinderbetreuung verabschiedet. Um den Gemeinden genügend Zeit zur Organisation und Umsetzung zu verschaffen, wurde eine Übergangsfrist bis zum Schuljahr 2018/19 vorgesehen. Per 01.08.2018 sollten also alle Gemeinden eine bedarfsgerechte familienergänzende Kinderbetreuung anbieten können und diese einkommensabhängig subventionieren.
Wie befürchtet hat sich das rudimentäre Rahmengesetz für verschiedene Gemeinden als unklar und schwierig umsetzbar erwiesen. Dies betrifft wohl insbesondere diejenigen, die bisher noch keine Kinderbetreuung angeboten hatten und daher über keine oder wenig Erfahrungen in diesem Themenbereich verfügten. Es stellt sich daher die Frage, wie viele Gemeinden immer noch über kein Reglement verfügen und/oder keinen bedarfsgerechten Zugang zu Kinderbetreuungsangeboten gewährleisten. Die fach- oder wirkungsorientierte Umsetzung erscheint in gewissen Gemeinden politisch motiviert unterlaufen zu werden. Dem Vernehmen nach würden speziell kleinere Gemeinden Reglemente von anderen Gemeinden kopieren und sich keine Gedanken über die Praxistauglichkeit in ihrer Kommune machen. Grössere Organisationseinheiten, die mehrere Kitas betreiben, oder regionale Tagesmüttervereine sehen sich mit unterschiedlichen Reglementen und Kostenbeteiligungen konfrontiert. Die uneinheitlichen Qualitätsrichtlinien scheinen ausserdem vielen Kitas und Tagesmüttern Sorgen zu bereiten. Ihre Bemühungen, die Qualität der Kinderbetreuung hoch zu halten, werden durch die durch die Gemeinden bestimmten Qualitätsstandards und Betreuungskosten-Obergrenzen teilweise torpediert. Diese wurden in zahlreichen Gemeinden ohne Rücksprache mit den Betreuungsinstitutionen so tief festgelegt, dass die Betreuungsqualität darunter leidet.
Das lose Rahmengesetz schafft offenbar sogar mehr Unklarheit als zu erwarten war. Die Interpellanten bedauern, dass die gelebte Praxis den Grundsatz und Ziel des Gesetzes, der Verbesserung der Chancengleichheit für Kinder, torpediert wird.
Wir bitten den Regierungsrat folgende Fragen zu beantworten:
- Seit dem 1. August 2018 sollte das KiBeG in den Gemeinden umgesetzt sein. Welche Aargauer Gemeinden haben dies getan und welche nur teilweise und welche gar nicht?
- Wie funktioniert das Controlling der Umsetzung bzw. wie wird und wurde seitens Kanton auf die säumigen Gemeinden reagiert?
- Gibt es einen Unterschied bei der Umsetzungsquote zwischen Stadt- und Landgemeinden?
- Die Gesetzesgrundlage hält fest, dass die Gemeinden ihre Subventionsstruktur selber bestimmen. Wie prüft der Regierungsrat die Wirkung der unterschiedlich angewendeten Modelle und welche Schlüsse zieht er aus den Resultaten?
- Wie verlässlich und zielführend wurden die Bedarfsabklärungen gemacht? Wie unterschiedlich sind dabei die Fragestellungen (z.B. wie hoch die Hürde oder Anzahl Eltern die Betreuung nachfragen, damit der Bedarf erwiesen ist)? Erfüllen die Abklärungen die Ziele des Gesetzes? Wie wird hier die Wirkungsorientierung kontrolliert?
- Wie stellt der Regierungsrat die Aufsicht sicher (vgl. Ausführungen in Botschaft 15.89 zu §§10 ff. Gemeindegesetz)?
- Wie will der Regierung allfällig entstandene Unterschiede ausgleichen, um das Ziel der Chancengleichheit zu erreichen?
- Wann ist eine flächendeckende Sozialbilanz vorgesehen, die erste Schlüsse zur Wirkung des neuen KiBeG zulässt?