Überparteiliche Fraktionserklärung der Fraktionen SP (Sprecherin Gabriela Suter, Aarau), Grüne, GLP, EVP-BDP vom 7.5.2019 zur Klimakrise

Text:
Die Klimakrise ist real – auch und gerade in der Schweiz. Schmelzende Gletscher bringen
den Wasserhaushalt durcheinander, Hitzewellen führen zu Todesfällen, Dürreperioden lassen die Felder der Bauern vertrocknen und gefährden in etlichen Gemeinden die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung. Immer häufiger kommt es zu Waldbränden. Ehemalige Permafrostböden tauen auf, die Gefahr von Hochwasser und Erdrutschen steigt. All das zeigt: Es ist höchste Zeit zum Handeln!

Seit Monaten gehen deshalb weltweit zehntausende Menschen, angeführt von Schülerinnen und Schülern, auf die Strasse. Sie streiken, demonstrieren und fordern die Politik auf, sofort effizient und konsequent handeln, damit die drohende Klimakatastrophe abgewendet werden kann. An der nationalen Klimademo am 6. April nahmen schweizweit über 50’000 Personen in über 20 Orten teil.

Die Menschen, die fürs Klima auf die Strasse gehen, haben gewichtige Unterstützung erhalten: Fast 27’000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Schweiz, Deutschland und Österreich haben kürzlich eine Stellungnahme zu den Klimastreiks unterschrieben.1 Die ‘Scientists for Future’ fordern: «Klimafreundliches und nachhaltiges Handeln muss einfach und kostengünstig werden, klimaschädigendes Handeln hingegen unattraktiv und teuer.» Die derzeitigen Massnahmen zum Klima- und Umweltschutz aller deutschsprachigen Länder würden bei Weitem nicht ausreichen, sind auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überzeugt.


Der Mensch hat bereits einen Klimawandel mit irreversiblen Folgen verursacht, die weltweit
zu spüren sind. Die globalen Temperaturen sind gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter
global um 1 Grad Celsius gestiegen, weil die CO2-Konzentration in der Atmosphäre innerhalb von kurzer Zeit stark angestiegen ist. Um eine unkontrollierbare globale Erwärmungmit nicht absehbaren Folgen zu verhindern, müssen die Treibhausgasemissionen schnellstmöglich massiv reduziert werden.

Bereits 1,5 °C Erderwärmung führen unter anderem dazu, dass der steigende Meeresspiegel riesige Küstengebiete unbewohnbar macht. Die Weltbank schätzt, dass in den kommenden 30 Jahren die Zahl der Klimaflüchtlinge auf über 140 Millionen Menschen ansteigen wird. Auch in der Schweiz wird der Klimawandel verstärkt zu spüren sein – Landwirtschaft und Wintertourismus sind von den Folgen direkt betroffen.


Der Klimawandel ist also nicht bloss ein Klimaproblem: Er ist ein Wirtschafts-, Sicherheits-,
Artenschutz- und Friedensproblem.

Es kann und soll nicht erwartet werden, dass die Lösung dieses Problems alleine durch Eigenverantwortung und von Einzelpersonen erreicht wird. Es braucht jetzt auf kommunaler, kantonaler, nationaler und internationaler Ebene griffige Massnahmen, um dieser drohenden Katastrophe entgegenzuwirken.


Die Schweiz hat – gemeinsam mit den 195 Mitgliedsstaaten der Klimarahmenkonvention
der Vereinten Nationen – das Pariser Klimaabkommen ratifiziert. Das Abkommen legt eine
konkrete Erwärmungsgrenze von deutlich unter 2 °C – wenn möglich 1.5 °C – fest. Die Bilanz der Treibhausgase soll zudem in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ausgeglichen
werden. Die aktuellen Pläne und Massnahmen reichen aber nicht aus, um die Ziele des Abkommens zu erreichen. Deshalb ist es jetzt wichtiger denn je, schnell zu handeln!

Die Fraktionen SP, Grüne, GLP und EVP-BDP rufen den Grossen Rat des Kantons Aargau
deshalb zu folgendem Handeln auf:

1) Der Aargauer Grosse Rat soll den menschengemachten Klimawandel und damit den Klimanotstand anerkennen und die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität ansehen. Aus diesem Grund reichen wir heute einen entsprechenden Antrag auf Direktbeschluss ein, der an einer der nächsten Ratssitzungen behandelt wird. Der Begriff «Klimanotstand» ist symbolisch zu verstehen undsoll keine juristische Grundlage für die Ableitung von Notstandsmassnahmen sein.
2) Der Aargauer Grosse Rat soll sich zum Pariser Klimaabkommen bekennen und somit
zum Ziel, die globale Erwärmung bei 1,5° C zu halten. Für zukünftige Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels soll sich der Grosse Rat an den Berichten des Intergovernamental Panel on Climate Change (IPCC) orientieren, insbesondere in Bezug auf Investitionen zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen.
3) Der Aargauer Grosse Rat soll die Auswirkungen auf das Klima sowie die ökologische,
gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit bei allen davon betroffenen Geschäften
berücksichtigen und wenn immer möglich jene Geschäfte prioritär behandeln, die den Klimawandel oder dessen Folgen abschwächen.

Ich schliesse mit einem Zitat aus der schon erwähnten Stellungnahme der «Scientists for
Future»:
«Nur wenn wir rasch und konsequent handeln, können wir die Erderwärmung begrenzen,
das Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten aufhalten, die natürlichen Lebensgrundlagen bewahren und eine lebenswerte Zukunft für derzeit lebende und kommende Generationen gewinnen. Genau das möchten die jungen Menschen der Klimastreikbewegung erreichen. Ihnen gebührt unsere Achtung und unsere volle Unterstützung.»

1 https://www.scientists4future.org/stellungnahme, abgerufen 6.5.2019.

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