Motion der SP-Fraktion (Sprecherin Lea Schmidmeister, Wettingen) vom 18. Juni 2019 betref-fend verbindliche Standards der Unterkünfte und Unterbringung von geflüchteten Menschen mit Aufenthaltsbewilligung als N- und F-Ausländer/innen in kantonalen Unterkünften und in Gemeinden

Text:

Der Kanton Aargau kennt keine verbindlichen Standards bezüglich Qualität der Unterkünfte und Un-terbringung von geflüchteten Menschen mit Aufenthaltsbewilligung als N- und F-Ausländer/innen. Diese Situation wird vielerorts ausgenützt: die Unterkünfte sind in einem schlechten Zustand und es wird von Privaten viel Geld gemacht. Gemeinden stossen damit immer auch wieder an ihre Grenzen, sind hilflos und können nicht viel dagegen unternehmen.
Der Regierungsrat wird deshalb aufgefordert, Standards für die Unterkünfte und die Unterbringung der geflüchteten Menschen zu erarbeiten. Diese Standards sollen für den kantonalen Sozialdienst und Gemeinden verbindlich sein:

  1. Die Unterbringung in grossen Gemeinschaftsunterkünften soll zeitlich auf ein Jahr begrenzt sein und nur auf Wunsch der Geflüchteten / des Geflüchteten verlängert werden können.
  2. Spätestens nach einem Jahr Aufenthalt in der Schweiz werden Familien in Wohnungen und Ein-zelpersonen in Einer- oder Zweierzimmern untergebracht.
  3. Die Unterbringung und Transfers in andere Unterkünfte sind nachvollziehbar und werden trans-parent gehandhabt.
  4. Auf die individuelle und familiäre Situation der Geflüchteten sowie auf eine sinnvolle Zimmer- und Gruppenzusammensetzung in den Unterkünften wird Rücksicht genommen.
  5. Die Unterbringung in Zivilschutzanlagen ist nicht zulässig (Ausnahmen bilden Notsituationen wie in den Jahren 2016–2018).
  6. Die Unterkünfte sollen sich in der Nähe von oder direkt in Ortschaften befinden. Sie sind an den öffentlichen Verkehr angebunden und gefahrlos zu Fuss und per Fahrrad erreichbar.
  7. Die Raumaufteilung ist so gestaltet, dass genügend Platz, insbesondere auch für Lernräume, Privatsphäre, Nachtruhe und ruhigen Schlaf gewährleistet ist.
  8. Unbegleitete Jugendliche, Frauen mit Kindern, Familien, alte Menschen und weitere besonders traumatisierte, aber auch sozial auffällige Menschen sind den Bedürfnissen angepasst unterzu-bringen.
  9. LGBT (Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Transsexuell/Transgender)-Geflüchtete sollen in angezeig-ten Fällen in separaten Asylunterkünften untergebracht werden können.
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  10. Es braucht genügend und speziell geschultes Personal mit Sozialkompetenz, einem professio-nellen Rollenverständnis und einer fachspezifischen Ausbildung. Nur so ist ein integratives Zu-sammenleben möglich.

 Begründung:

Geflüchtete Menschen haben einen langen und beschwerlichen Weg hinter sich. Viele sind verunsi-chert, traumatisiert, finden kaum Schlaf. Ein Ankommen in Ruhe und Sicherheit ist ihr erstes Bedürf-nis. Das Verständnis und das Lernen unserer Sprache, der Kontakt und das Verstehen unserer Schweizer Zivilgesellschaft sowie die Integration in den Arbeitsmarkt bzw. in Schule und Ausbildung sind erschwert und müssen durch geeignetes Personal und förderliche Infrastrukturen unterstützt werden.
Es bestehen grosse Qualitätsunterschiede von Gemeinde zu Gemeinde und von Unterkunft zu Un-terkunft. Eine Qualitätskontrolle der Unterkünfte und des Betreuungsangebotes vor Ort von Seiten des Kantons gegenüber den Gemeinden und von Seiten des Bundes gegenüber dem Kanton fehlt. Dies führt zu systematischen Ungerechtigkeiten.

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