Rotes Protokoll vom 9. November

Frisch erholt aus den Herbstferien sind wir zurück. Und viel stand an. Huuuch – sehr viel. Zum Glück leuchtete der Indiansummer schön durch die Fenster.

Liebe Genossinnen, liebe Genossen, liebe Frauen und liebe Männer, liebe Menschen

Heute war viel los im Grossratssaal. Ein Paukenschlag folgte dem anderen. Viele leider nicht zu unseren Gunsten. Die Diskussion zum Homeschooling – man möchte meinen ein Nebenschauplatz – verkam zu einer Debatte zur Freiheit. Wenn dann sogar der Bildungsminister der SVP kopfschüttelnd und etwas verwundert darauf hinweist, dass die freie und lasche Aargauer Regelung entgegen jeglicher Fachmeinung ist, dann sind wir wirklich am ganz rechten, libertären Ende der Fahnenstange angelangt. Aber schön der Reihe nach …

Solidarisch
Lelia Hunziker

Endlich: Bezirksgericht ahoi!

Das Eniwa-Gebäude im Aarauer Turbinenkreisel steht seit Jahren leer – oder fast leer. Schon lange war das Gebäude für das Bezirksgericht reserviert. Nun gab es heute nochmals zu diskutieren. Weil: zu teuer. Natürlich. Obwohl Obergerichtspräsidentin Franziska Plüss darlegte, wie prekär die Situation ist. Es gibt Sicherheitslücken, es fehlen Notausgänge, Lifte, WC-Anlagen und Besprechungszimmer. Mitarbeitende müssen mit vertraulichen Akten über die Strasse. Hin und her. Bei Schnee, Wind und Regen.

Nach langer Diskussion entschied der Rat jedoch klar und der Verpflichtungskredit wurde gesprochen. 

Homeschooling im Aargau

Der Aargau ist ein Eldorado für Eltern, die ihre Kinder zu Hause privat beschulen wollen. Homeschooling. Viele Eltern ziehen extra in den Aargau, weil die Regelungen im Aargau so lasch sind. Es ist gibt als einen regelrechten Homeschool-Tourismus. 

Die Zahl der Kinder, die zu Hause beschult werden steigt stetig. Gerade die Coronamassnahmen an Schulen haben viele Eltern dazu gebracht, die Kinder aus der Schule zu nehmen. Die Eltern brauchen keine pädagogische Ausbildung und sie können die Kinder innerhalb von zwei Wochen aus der Schule nehmen. Mit einer Motion wollten wir das Homeschooling stärker regeln – den umliegenden Kantonen anpassen.

In der Diskussion ging es bald um Freiheit, die Freiheit der Eltern selber zu entscheiden wie und wo (und wohl auch ein bisschen was!) die Kinder lernen. Viele Eltern machen das gut. Die meisten Eltern, die Homeschooling machen sind privilegiert. Das muss man sich leisten können. 

Oft werden Kinder aus der Schule genommen, weil es nicht gut läuft. Das Kind hat Probleme, die Lehrperson passt nicht. Das Umfeld ist nicht gut. Oder die Eltern vertreten andere Werte als die gelebten Werte der Schule. Religion. Spiritualität. Gesundheit. Freiheit. Was auch immer. 

Die SP steht für Bildung. Bildung für alle. Die Schule muss gestärkt werden. Für alle statt für wenige. Der Lehrberuf ist komplex und fachlich und professionell. Dafür braucht es mehr als gesunden Menschenverstand. Fachverbände fordern auch strengere Regeln. 

Aber nix da: der liberale, ja libertäre Grosse Rat wollte nichts davon wissen. Me – myself and I! 

Mittelschule im Fricktal – aber wo?

Rheinfelden oder Stein? Stein oder Rheinfelden? Soll es in der geografischen Mitte – in Stein – sein? Oder soll es dort sein, wo die Schüler:innen sind? Also in Rheinfelden. Sollen regionalpolitische Strategien entscheiden? Soll eine Mittelschule einen Wirtschaftsfaktor sein? Die SP hat sich für den Standort Rheinfelden eingesetzt. Die Mittelschule soll dort gebaut werden, wo die Menschen wohnen, wo Synergien genutzt und weiter entwickelt werden können. Eine Mittelschule ist eine Tagesschule für Jugendliche und kein Wirtschaftsförderinstrument.

Es öffnete sich ein Stadt/Land Graben. Respektive eine Diskussion über urbane und ländliche Lebensformen. Lokal gewann. Die Mittelschule kommt, entgegen jeglicher Logik, nach Stein. Wie heisst der Kantöndligeist auf Gemeindeebene? Gmeindligeist? Gemeiner Geist? Kleingeist? Ich weiss es nicht.

Weiter gilt: Keine Binden und Tampons auf dem WC

Frauen menstruieren während rund 8 Jahren – im ganzen Leben. Während es als völlig normal angesehen wird, dass wir auf dem WC Toilettenpapier, Seife und Handtücher finden, fehlen Binden und Tampons. Würden Männer menstruieren, wäre das schon längst der Fall. Einige Schulen machen es freiwillig – auch im Aargau. Andere Kantone, Städte und gar ganze Länder haben es geregelt. Es ist also ein bisschen Glück oder Pech, wo frau menstruiert. Auch hier forderte der liberale und rechtskonservative Block im Grossen Rat: Eigenverantwortung. Schaut selber. Jede für sich … und falls man trotzdem mal was braucht, kann frau z. B. auf dem Sekretariat nachfragen. Na bravo?!?! Habt ihr das schon mal gemacht? Menstruation bleibt weiterhin eine Frauenangelegenheit. Das Gelächter im Ratssaal sprach Bände. Am Tabu Menstruation wird im Aargau weder gerüttelt, noch geschüttelt noch gerührt. Der Antrag wurde hochkant bachab geschickt. Zu klassenkämpferisch, wurde nachher gesagt. Ach diese Frauenklasse! Was wollt ihr denn noch alles?!?

Und wir waren fleissig….

  • Interpellation Regula Dell’Anno-Doppler, SP, Baden, vom 9. November 2021 betreffend Anlauf- und Beratungsstellen für ältere Menschen und deren Angehörige gemäss Pflegegesetz § 18
  • Postulat R. Dell’Anno, SP, Baden (Sprecherin), L. Hunziker, SP, Aarau, Dr. J. Knuchel, SP, Aarau, vom 9. November 2021 betreffend Oberaufsicht, Qualitätskontrolle und Mindestgrösse der Sozialdienste
  • Motion Martin Brügger, SP, Brugg (Sprecher), vom 9. November 2021 betreffend “Unterbinden von unsinnigen Laubbläsereinsätzen”

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