Vor fast vier Jahren ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) in der Schweiz in Kraft getreten. Die Umsetzung kommt auf nationaler und kantonaler Ebene nur schleppend voran. Die SP begrüsst deshalb, dass der Regierungsrat aktiv wird.
Seit in Kraft treten der Konvention ist kaum etwas passiert. Es ist deshalb wichtig, dass der Regierungsrat geschlechtsspezifische Gewalt endlich priorisiert und rascher und effizienter vorgeht. Eine erhebliche Schwierigkeit ist der massive Mangel an finanziellen Mitteln. Genauso soll es weitergehen: Der Kanton sieht vor, die Massnahmen ohne zusätzliche Mittel umzusetzen. «Gratis ist der Schutz von geschlechtsspezifischer Gewalt nicht zu haben, das ist reine Augenwischerei.», sagt Lelia Hunziker, SP-Grossrätin. “Der vorliegende Massnahmenkatalog zählt auf, was es schon gibt, stellt Abklärungen in Aussicht und macht Bedarfsanalyse. Das sind wichtige erste Schritte, darauf müssen aber zwingend weitere Massnahmen folgen. Das kostet.”, so Hunziker weiter.
Der Regierungsrat fokussiert auf wichtige Themen. Die Weiterbildung von Fachpersonen ist zentral für die Sensibilisierung und Erkennung. Gerade im Bereich Genitalbeschneidung ist es zentral, dass Fachpersonen ein grosses Wissen haben. So können sie adäquat reagieren, ohne zu stigmatisieren und sofort einen Opferblick zu haben. Weil das hilft den Betroffenen nicht. Viele wissen nicht, dass sie beschnitten sind oder es ist für sie – leider – eine Normalität. Wenn eine Ärztin sachlich und fachlich reagiert und zusammen Lösungen entwickelt werden, welche die Lebensrealität der Frauen integriert, kommt es nachhaltig zu Veränderungen.
Der Regierungsrat signalisiert mit der Roadmap eine Bereitschaft, den Kampf gegen sexualisierte Gewalt weiterzuentwickeln. Und das ist nötig. So gibt es im Aargau z. B. keine spezialisierten Krisenzentren für die medizinische Erstversorgung inkl. Spurensicherung von Gewaltopfern, wie dies die Istanbul-Konvention fordert. «Damit Betroffene opfersensibel betreut werden können und vor allem die Spuren für eine allfällige Strafverfolgung taugen, braucht es Erfahrung und Spezialisierung.», betont Lelia Hunziker. Bereits im Jahr 2021 wurde ein entsprechendes Postulat eingereicht und überwiesen. Der Regierungsrat stellte damals in Aussicht zu prüfen, inwiefern die Finanzierungslücken bei Opfern häuslicher Gewalt in Analogie zur Entschädigung im Bereich der Betreuung von Kindern, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind, geschlossen und damit die Behandlung von Gewaltopfern professionalisiert werden kann. Dieses Postulat ist nun endlich umzusetzen.