Rotes Protokoll vom 19. September 2023

Liebe Genoss:innen

Ciao Silvia – Silvia tritt aus dem Grossen Rat zurück und verlässt somit unsere Fraktion. Herzlichen Dank Silvia. Danke, dass du unser gewerkschaftliches Gewissen warst. Danke, dass du jedes Haar in der Suppe gefunden hast, welche uns die Arbeitgeber:innen-freundliche Regierung regelmässig vorsetzte. Nun ziehst du weiter. Du wirst Zentralsekretärin vom Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) und wir sind überzeugt: gute Arbeitsbedingungen für Medienschaffende kommen der Politik sehr zugute. Viel Glück und Erfolg, liebe Silvia. Wir vermissen dich jetzt schon.

Und sonst? Heute war ein bisschen aufwischen und aufräumen angesagt. Quasi eine “ufestuehlete”. Die Herbstferien stehen vor der Tür. Fallobst und Fruchtmumien wurden entfernt, die Teiche für den Winter abgedeckt, die verwelkten Blumen geschnitten und die Geräte verstaut. Ohne natürlich vorher die Blumenzwiebel noch zu vergraben und noch die letzten süssen Trauben und Kürbisse zu ernten. Kurz: von allem ein bisschen. Nichts, was die Nerven blank legt oder die Gischt auf den Wogen tanzen lässt. Aber klar. Ein paar Highlights haben wir für Euch zusammengestellt.

Solidarisch
Lelia Hunziker und Alain Burger

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Wahlen! Ran an die Telefone!
Die Kandis sind in den nächsten an Bahnhöfen (wie im Titelbild das Rote Protokoll heute in aller herrgotssfrühe), Innenstädte, auf Plakatwänden und in den Briefkästen präsent. Aber: Wir brauchen dich für die Schlussmobilisierung für die nationalen Wahlen! Das ist das A und O. Wir müssen mobilisieren, mobilisieren, mobilisieren. Das heisst: telefonieren, telefonieren, telefonieren. Alle unsere Wähler:innen müssen an die Urne. Bitte trage dich doch im folgenden Formular ein fürs Wähler:innentelefonieren ein. Wenn alle ein paar Stunden helfen, dann klappt es. Solidarisch und im Kollektiv 🙂 – darin sind wir gut. So schaffen wir drei Sitze, vielleicht vier und Gabriela ins Stöckli. 

Merci fürs Helfen. Trag dich ein und hilf mit. https://sp-aargau.ch/anmeldung-waehlerinnentelefonieren/

In gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung
Der Grosse Rat ist ein bunt zusammengewürfelter Haufen. Wir haben uns die anderen nicht ausgesucht. Sie uns sicher auch nicht. Es ist die Stärke unseres Landes, dass ein solches System funktioniert. Dem sagt man Demokratie. Letzte Woche feierten wir 175 Jahre Bundesverfassung. In der Präambel steht, dass Bund und Kantone sich diese Verfassung geben im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben. Von Achtung und Rücksichtnahme ist die Rede. Von Respekt und Anstand. Letzte Woche fehlte dieser Respekt im Grossen Rat. 

Grossrät:innen stellen Fragen. Der Regierungsrat beantwortet diese Fragen. Selten sind wir zufrieden, meistens nicht. Und wenn wir nicht zufrieden sind, suchen wir das Gespräch, diskutieren in den Kommissionen oder schreiben einen neuen Vorstoss. Eine Aufsichtsbeschwerde gegen einen einzelnen Regierungsrat, wie es die SVP letzte Woche gemacht hat, weil ihnen die regierungsrätliche Antwort nicht passte, ist beispiellos und widerspricht fundamental dem Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme zu politisieren. 
 
Irgendwie überraschte es uns, irgendwie auch nicht. In unserer Fraktionserklärung machten wir heute deutlich, was wir von diesem Schrei nach medialer Aufmerksamkeit seitens der SVP halten. Den Angriff auf unseren Regierungsrat verurteilen wir aufs Schärfste. Solche Auftritte sind unseres Parlamentes nicht würdig. Auch nicht im Wahlkampf. Wir halten die Werte unserer Verfassung hoch. Denn wie Albert Einstein einst sagte: ohne Anstand, Respekt, Ehrlichkeit und Achtung vor dem anderen funktioniert die Welt nicht.
 
Von der Plünderung der Ausgleichsreserve
Für das nächste Jahr budgetiert der Regierungsrat für die Aargauer Staatskasse ein Defizit von über 132 Millionen Franken. Für die Jahre 2025-2027 sehen die aktuellen Prognosen ebenfalls Defizite vor. Um das Budget auszugleichen, greifen wir also jedes Jahr tief in die Schatulle unseres Kantons und nehmen das fehlende Geld aus der Ausgleichsreserve. Praktisch, aber nicht nachhaltig. Und dank der Steuergesetzrevision betragen die selbstgenerierten Ausfälle rund 380 Millionen – Einnahmen durch mysteriöse dynamische Effekte schon eingerechnet, sonst wären es noch rund 60 Millionen mehr.  ((Ihr erinnert Euch: dynamische Effekte sind, wenn im Freiamt eine Kuh muht, dann wackelt im Fricktal eine Katze mit dem rechten Ohr. Genau: die Flügelschlaglegede.)) Die Ausfälle in den Gemeinden noch nicht mit eingerechnet. Das war bekannt. In der Vorlage stand damals schwarz auf weiss, dass die Steuergesetzrevision nur durch die Plünderung der Ausgleichsreserve finanzierbar ist. Das fanden wir falsch. Das fanden wir gefährlich. Darauf haben wir hingewiesen, und zwar vehement, wiederholt, medial und laut. Und Rechtskonservativ wollte von all dem nichts wissen.

Bis jetzt. Denn mittlerweile ist die Steuergesetz-Euphorie verflogen. Der Kater danach setzt ein und die SVP ist besorgt, dass die Schatulle des Kantons bald leer sein könnte. Genau…die Katze im Fricktal wackelt mit dem Schwanz – nicht mit dem Ohr. Mittels Motion verlangten sie darum, dass der gesamte Aufgaben- und Finanzplan des Kantons ab 2024 auf Budgetkürzungen überprüft wird. Das würde Leistungsabbau auf allen Ebenen bedeuten. Wir haben es kommen sehen. Die Steuergesetzrevision führt zu Steuerausfällen, führt zu Einsparungen von mehreren hundert Millionen Franken, führt zum Abbau im Service public – namentlich in der Bildung, in der Kultur, bei den Stipendien, den Prämienverbilligungen, der Unterstützung von Arbeitslosen. Kürzungen, welche die Lebensqualität und damit die Attraktivität als Wohn- und Arbeitskanton schwächt.

Entsprechend richtungsweisend war die Abstimmung heute. Die SVP-Forderung für eine Sparauslegeordnung wurde im Rat mit 85 zu 41-Stimmen klar abgelehnt. Nochmals gut gegangen. Vorerst. Doch die nächsten Abbauvorschläge werden nicht lange auf sich warten lassen.
 
Gleichstellung: ein weiteres Relikt aus der Mottenkiste des Patriarchats
Was heisst: “Die technische Architektur der Steuersysteme stamme aus einer Zeit, als Mann und Frau im Familienrecht nicht gleichgestellt waren?” Damals – als die Frau aus der Rippe des Mannes entstand? Gut, wird das geändert. Angefangen hatte alles mit diesem Mail einer Genoss:in: “Dieses Jahr wollte ich mich an die Steuererklärung machen und habe – ziemlich schockiert – festgestellt, dass der Kanton Aargau Steuerformulare einsetzt, bei denen bei verheirateten Paaren zwingend und ausschliesslich der Ehemann in der Personalien-Maske angegeben werden muss. Das macht mich mega sauer!”
 
Mit dem Postulat traten wir sehr offene Türen ein. Der Regierungsrat gab – mit viel wenn und aber – zu, dass dieser Sachverhalt in die Mottenkiste gehört. Da es aber viele Abhängigkeiten gibt, angefangen bei Digitalisierungs- und Applikationsstrategien, über Deklarationssoftware bis zum Geschäftsverkehrsgesetz für eine neue Deklarationslösung – braucht es Zeit. Drei Jahre. Nun denn. Der feministische Streik 1990, 2019 und im vergangenen Juni haben uns gelehrt: s’Schnäggli chrüchet, s’Schäggli chrüchet s’Bärgli uf, s’Bärgli uf – ähne weder abe, ähne weder ab – of em Buch. Es wird schon. Mit Geduld. Wir bleiben drauf – und dran!              
 
Immerhin: Der Regierungsrat hat das Postulat entgegengenommen. Merci. Danke. Bien.

Ein kleiner Schritt im Kampf gegen den Lehrpersonenmangel
Es mangelt an Fachkräften. Es mangelt an ausgebildeten Lehrpersonen. Dies wird auch in den kommenden Jahren eine Herausforderung bleiben, trotz laufender Imagekampagnen, trotz Quereinsteiger:innen, trotz dem Zauberwort “MAGIS”. Aus diesem Grund sind unsere Schulen langfristig darauf angewiesen, auch Lehrpersonen in Ausbildung einzustellen, oft mit einem reduzierten Arbeitspensum. Während ihres Studiums müssen die angehenden Lehrkräfte Prüfungen an den entsprechenden Hochschulen oder in der Praxis ablegen, teilweise während der Unterrichtszeit. Durch bezahlten Kurzurlaub kann die Schulleitung eine Vertretung einsetzen, um das Team zu entlasten und den Unterricht kontinuierlich zu gewährleisten. Dieser Ansatz unterstützt die Ausbildung angehender Lehrpersonen, wovon Lehrpersonen, Schulleitungen und vor allem die Schüler:innen profitieren. Dank eines breit unterstützten Vorstosses konnten wir im Grossen Rat ohne Diskussion die Einführung von einem bezahlten Kurzurlaub für Lehrpersonen und andere Fachpersonen der Volksschule in Ausbildung durchsetzen. Damit ist der Lehrpersonenmangel zwar noch nicht bekämpft, doch ein weiterer Magis-Mosaikstein gelegt. Auch hier bleiben wir drauf und dran. S’Schnäggli chrüchet.

Mammografie-Sreening: Vorsorge für alle Frauen – nicht nur für Privilegierte
Unsere ehemalige Fraktionskollegin Anna Andermatt hat 2018 in einem Vorstoss ein Mammografie-Screening gefordert. Und heute – halleluja – haben wir entschieden, dass alle Frauen im Alter von 50 und 69 Jahren im Kanton Aargau einen kostenlosen Zugang zur Brustkrebsvorsorge erhalten. Für die FDP ist es zwar eine «Luxusvariante» und für die SVP ist das Screening «unter Ärzten umstritten». Ja klar – die Erde ist eine Scheibe und Corona ein Floh vom Jupiter. Wir freuen uns sehr!

Motion Simona Brizzi, SP, Ennetbaden (Sprecherin), Rolf Walser, SP, Aarburg, Colette Basler, SP, Zeihen, Alain Burger, SP, Wettingen, Stefan Dietrich, SP, Bremgarten, vom 19. September 2023 betreffend Schaffung der notwendigen gesetzlichen Grundlagen, damit Lehrpersonen ohne Ausbildung oder mit einer Teilqualifikation innerhalb einer bestimmten Frist ein EDK-anerkanntes Diplom erlangen

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