Rotes Protokoll vom 21. November 2023


Liebe Genoss:innen

Neu in der Fraktion ist ab heute Selena Rhinisperger. Herzlich willkommen in unserer Fraktion! Selena folgt auf Simona Brizzi, ist aus der Stadt Baden, arbeitet als Adjunktin an der Universität Zürich und bringt bereits einige Jahre Erfahrung als Parteipräsidentin der SP Baden und Einwohnerrätin in den Grossen Rat mit. Wir freuen uns dich bei uns zu haben und auf die erfolgreiche Zusammenarbeit für einen sozialen Kanton Aargau.

Damit alle wissen, wer unsere neuen Fraktionsgspänli Lucia Engeli und Selena Rhinisperger sind, haben wir die beiden gleich ein Foto machen lassen. Dieses entstand während unserer kulturellen Mittagspause im Aargauer Kunsthaus. Dort durften wir die Ausstellung „Stranger in the Village – Rassismus im Spiegel von James Baldwin“ besuchen. Beeindruckend, beklemmend, anregend. Danke für die Einblicke. Rotes Protokoll-Kulturtipp: Die Ausstellung ist noch bis am 7.1.2024 im Kunsthaus Aarau. Es lohnt sich!

„Stranger in the Grossrat“ war auch das Programm im Parlament. Wir durften fleissig den grünen oder roten Knopf drücken, denn heute haben wir den Aufgaben- und Finanzplan 2024 diskutiert. Oder besser gesagt das Kantonsbudget. Da gibt es viele Abstimmungen. Und bei einer hätten wir uns fast verdrückt. Uiuiui. Entschuldigung. Protokollschreiben und die Fraktion durch die zahlreichen Kürzungsanträge bei Bildung, Kultur und Sport zu führen, ist gar nicht so leicht. Das Fazit nach dem halben Budget: Dunkle Wolken am Aargauer Finanzhimmel, ein versteckter Bildungsabbau und wieder keine zusätzlichen Gelder für die Kultur. Aber auch keine Stellenkürzungen bei der Steuerverwaltung. Immerhin. Wo wir gewonnen und wo wir verloren haben, lest ihr unten. Eine gute Lektüre mit dem Budget 2024 – Teil 1.

Solidarisch
Alain Burger und Lelia Hunziker

4.6 Millionen für eine Asylvorlage
Bevor es mit der Schlacht ums Budget losging, beschlossen wir noch einen Kredit für den Betrieb eine Asylunterkunft in Oftringen. Kurzfassung: Die Roche schenkt dem Kanton Aargau einige Container. Die Gemeinde Oftringen hat dem Betrieb einer Unterkunft für 150 geflüchtete Menschen zugestimmt. Eine pragmatische und menschenwürdige Lösung liegt auf dem Tisch. Der Grosse Rat stimmte dem Kredit zu. Der ganze Grosse Rat? Nein. Für eine Partei ist es wichtiger Probleme zu bewirtschaften, statt diese zu lösen. Eine Win-win-win-Situation im Asylbereich passt halt so gar nicht in den Dauerwahlkampf der SVP. Wir sind zufrieden. Ohne Gstürm, miteinander für menschliche Lösungen.

Und jetzt zum Budget:

Budget 2024 – Teil 1
Für uns ist die Ausgangslage klar: Wir suchen händeringend nach Fachkräften. Wir brauchen eine gute Bildung. Sie ist unser höchstes Gut. Hier müssen wir investieren und nicht sparen. Kultur ist systemrelevant. Sie fristet im ach so hochgelobten Kulturkanton ein kümmerliches Dasein. Und unserem Staatspersonal und unseren Lehrpersonen sagen wir nicht nur danke für die gute Arbeit, sondern fordern auch mehr Lohn. 3.8% mehr, um genau zu sein, doch heute kamen wir nicht so weit…

Von Rechtskonservativ tönte es bei der allgemeinen Aussprache anders: Sie malten dunkle Wolken an den Himmel. Sie redeten von der Ausgleichsreserve – dem kantonalen Reservekässeli – die schmilzt, wie Schnee an der Sonne. Sie sagten uns, wir müssen jetzt sparen und Lohnerhöhungen liegen nicht drin. Und während sie die Steuergesetzrevision – die uns Millionen kosten wird – in den bewölkten Himmel lobten, drohten sie uns mit schmerzhafteren Massnahmen, wenn wir es wagen, heute weitere Ausgaben zu beschliessen. Spare in der Zeit, so hast du in der Not.

Trotz dieser Warnung, die uns wenig beeindruckte, kämpften wir heute für jeden zusätzlichen Franken und gegen willkürliche Stellenkürzungen und Abbau-Gelüste von rechts. Es war mühsam, es war zäh, und manchmal auch ernüchternd. Wir waren vorbereitet, wir hatten Allianzen, teilweise stabile, teilweise wurden wir enttäuscht.

Die umstrittenen Beschlüsse des heutigen Tages:

Goodbye Dolmetscher:innenwesen
Die Bevölkerung im Aargau ist vielfältig. Mit Glück können Gerichte und Behörden Französisch, Italienisch, Englisch und Türkisch abdecken und beurteilen. Aber eben nur mit Glück. Beim Dolmetscher:innen-Wesen geht es nicht vorwärts im Kanton. Jetzt kommt es noch schlimmer, das Projekt wurde heute endgültig gestrichen. Der Gerichtspräsident erklärte in Mundart (!), im Grossen Rat sprechen wir eigentlich Hochdeutsch, dass sie das Problem erkennen, sich aber auf die Kernaufgaben konzentrieren wollen. Nach der Mundartpflicht im Kindergarten kommt wohl bald die Mundartpflicht am Obergericht.

Mit Standortförderung den Aargau weiterbringen
Bei der Standortförderung sollen Stellen gestrichen werden. Dabei braucht es mehr Stellen, um bei Unternehmen, die Flächen suchen, schnell reagieren zu können. Wir wollen den Standort Aargau weiterentwickeln und wir sind auch bereit etwas dafür zu tun. Alle Zahlen und Fakten sprechen für die Stellenaufstockung. Rechtskonservativ spricht dagegen. Chancenlos. Die zusätzlichen Stellen bei der Standortförderung wurden bewilligt. Gut so.

Kein zusätzliches Geld für die Bildung
Bei der Bildung gab es mehrere Anträge: Wir forderten mehr Geld zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels. Wir forderten keine Kürzungen bei der neuen Ressourcierung Volksschule. Wir forderten keine Kürzungen bei den Ressourcen für die Härtefälle. Wir forderten eine Studie, warum die Sonderschulquote im Kanton Aargau derart hoch ist. Leider alles ohne Erfolg. Und dann wurde per Stichentscheid des Präsidenten die Zusatzkomponente 1 – hier geht es um Geld für die Schulen aufgrund der sprachlichen und sozialen Faktoren – nochmals gekürzt. Autsch!

Immerhin beim schulpsychologischen Dienst konnten wir den Abbau abwehren. Auch den Teuerungsausgleich für Sonderschulen, Heime und Werkstätten, bei den Beiträgen für die Beratungsdienste und beim Jugend-und-Sport-Projekt „1418coach“ kürzte der Grosse Rat dank unserem Einsatz und guten Absprachen nicht.

Kultur ist systemrelevant, aber nicht im Aargau
Kultur ist systemrelevant. Zumindest nicht weniger systemrelevant als die Landwirtschaft. Und ebenso wie die Landwirtschaft braucht Kultur finanzielle Unterstützung vom Staat. Da die Fördermittel für das Kuratorium und die Betriebsbeiträge an Kulturinstitutionen seit Jahren nicht ans Bevölkerungswachstum angepasst wurden, viele Kulturhäuser im Kanton strukturell unterfinanziert sind, die Teuerung voll zuschlägt und die Vielfalt des kulturellen Angebots langfristig leiden wird (O-Ton der Regierung aus dem AFP) finden wir, es braucht mehr Fördermittel und mehr Geld für die kulturellen Leuchttürme. Alles andere ist unserem Kulturkanton nicht würdig. Rechtskonservativ meinte kurz und knapp: Das Interesse der Bevölkerung an Kultur fehlt und sprach sich gegen die Erhöhung aus. Leider mit Erfolg. Leider gingen beide Anträge mit 56:76 und 62:70 verloren. Leider auch wegen der fehlenden Unterstützung der EVP und Teilen der Mitte. Politik ist die Kunst des Machbaren. Stranger in de Grossrat. Schade. Einmal mehr.

Mehr Stellen bei der Steuerverwaltung
Immerhin bei der Steuerverwaltung trägt die Regierung dem Bevölkerungswachstum Rechnung und erhöht die Stellen. Klar, den eine gute Regierung schaut, dass für Investitionen und Ausgaben genug Geld vorhanden ist und ein cleveres Parlament lässt kein Geld auf der Strasse liegen und sollte sich um die konkrete Umsetzung der Steuergesetze kümmern. Die Stellen im Steueramt rechnen sich für den Kanton. Im Kanton St. Gallen haben 14 neue Steuerkommissär:innen bei Kosten von 1.8 Mio. jährlich innert drei Jahren 44 Mio. (!) reingeholt. Dank dem Steueramt kommt nicht nur Geld hinein, sondern auch dahin, wo es gebraucht wird. Logisch. Doch nicht für alle. Rechtskonservativ wollte auch hier kürzen. Oder sich selbst vor Steuern drücken. Ohne Erfolg. Die Steigerung des Personalaufwands bei der Steuerverwaltung kommt mit 68:62 Stimmen knapp durch. Happy End für die Steuerverwaltung.

Feierabend. Im Ratskeller werden noch diplomierte Aargauer Weine degustiert und nächste Woche beraten wir weiter…

Wir freuen uns, wenn ihr wieder bis ganz am Schluss mitlest beim Budget 2024 – Teil 2.

Wir waren fleissig

  • Interpellation Flurin Burkard, SP, Waltenschwil (Sprecher), vom 14. November betreffend «Per Saldo Vereinbarungen » bei Verlustscheinforderungen im Bereich Forderungen und Rückvergütungen von Verlustscheinen gemäss Art. 64a KVG

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Animation laden...Animation laden...Animation laden...

Newsfeed