Liebe Genoss:innen
Wir machen ein Experiment. Bitte lest folgende Begriffe laut und deutlich vor: “Der Teamplayer, die Backkünstlerin, der Autodidakt, die Kunstknüpferin, der Adrenalinjäger, die Herzensmalerin.” Nun schliesst ihr die Augen und stellt euch die Personen hinter diesen Begriffen vor. Einmal tief einatmen, einmal tief ausatmen.
Was ist passiert? Die AKB “Unsere Bank” hat ihren Jahresbericht publiziert. Finanziell einwandfrei. Tip top. Und weil solche Jahresbericht in hochprofessionellen Kommunikationsabteilungen entstehen, hat man sich einiges einfallen lassen, z.B. wurden sechs Mitarbeitende porträtiert unter dem Titel “Der Kanton Aargau überrascht”. Es wurden, paritätisch, drei Männer und drei Frauen ausgewählt. So weit so gut. Und was diese sechs Personen machen, ist wirklich gut und wunderbar. Nun ist der Kommunikationsabteilung jedoch einen kleinen Fauxpas passiert. Die Männer sind Bobfahrer, Fussballspieler und Oldtimer-Mechen, die Frauen malen Herzen, backen Cupcakes und knüpfen Makramees. Mehr Stereotyp geht nicht. Und warum triggert uns das so? Wir könnten die Hobbys der AKB-Mitarbeitenden ja einfach Hobbys sein lassen. Weil wir Jahr für Jahr beim Jahresbericht der AKB darauf hinweisen, dass der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung reine Boys-Clubs sind. Als dann noch eine Fraktionskollegin schilderte, wie sie bei einem Bankgeschäft mit der AKB über das Anmeldeformular stolperte, in dem sie als Kunde angesprochen wurde und auf Nachfrage bei der Kommunikationsabteilung erfuhr, dass es keinerlei Planung gibt, dass in naher Zukunft auch die Bankkundinnen angesprochen werden. Waren wir konsterniert, irritiert, ja hässig. So nicht @AKB – das ist nicht unsere Bank. Im Aargau gibt es Bankkunden und Bankkundinnen – von uns aus am liebsten Bankkund*innen, aber das könnt ihr machen, wie ihr wollt. Hauptsache Frauen sind nicht einfach als Rippe des Mannes mitgedacht.
Und dann genossen wir einen lauschigen Sommerapéro eingeladen von der Stadt Aarau im Garten des Forum Schlossplatzes. Ein paar Sticheleien gab es wegen dem Einlass Regimes – Aarau bereite sich wohl auf den Ansturm auf das Maienzug-Bankett nächste Woche vor. Wir konnten auf jeden Fall schon den ersten, hübschen Blumenschmuck geniessen.
Und sonst ging es heute um einiges, hitziges – es gab sogar Tenue-Erleichterung für Herren – jup, auch dieser alte Zopf können wir gern bald mal abschneiden. Aber dazu ein anderes Mal mehr.
Herzlich
Lelia, Alain, Mia, Rolf
Der Kanton Aargau hat genug Geld
Die Jahresrechnung 2023 schloss mit einem Plus von 120 Millionen Franken ab. Geld, das wir gerne für eine starke Bildung, für bezahlbare Mieten, für Prämienverbilligungen, für mehr Klimaschutz und für die Menschen im Aargau einsetzen würden. Doch vor eineinhalb Jahren – als wir das Budget 2023 im Grossen Rat diskutierten – ging die Regierung von einem Defizit von 297 Millionen aus. Damals wurde vorsorglich vor Sparrunden gewarnt und erfolgreich Investitionen in einen lebenswerten Aargau verhindert. So läuft es immer: Im Budget-Winter beklagt Rechtskonservativ das fehlende Geld, im Rechnungs-Sommer feiert Rechtskonservativ Millionen-Überschüsse. Wir nahmen das positive Ergebnis der Jahresrechnung heute zur Kenntnis und forderten zielführende Investitionen. Die Arbeitslast beim Staatspersonal steigt und steigt. Die kantonale Verwaltung ist überlastet. Die Bildung ist unterfinanziert. Es fehlen Sonderschulplätze. Und, und, und… Liebe FDP, neue Steuergeschenke für Privilegierte sind nicht angezeigt. Wir hätten aber ein paar Ideen, was wir mit den 120 Millionen Überschuss machen könnten, zum Beispiel in die Schulen zu investieren statt die Bildung um fünf Dekaden zurückzuwerfen. Am Schluss wurde dem Jahresbericht und der Jahresrechnung 2023 einstimmig zugestimmt.
Prämienverbilligung: Vorwärts dank uns!
Horrende Zahlen ahoi: letztes Jahr blieben ganze 37,6 Millionen Franken Prämienverbilligung beim Kanton liegen. Nicht, weil es niemand brauchte, sondern weil es nicht abgeholt wurde. Wir vermuten, die Hürden sind zu hoch, das Risiko von Rückzahlungen ebenso. In einem Land, wo sich die Krankenkassenprämien in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt haben und wo nächstes Jahr ein weiterer Anstieg von 6% droht. Deswegen haben wir heute eine Interpellation dazu eingereicht.
Umso besser, dass hier nun endlich Bewegung in die Sache kommt (wegen unserer Prämienentlastungsinitiative, die den jetzt umzusetzenden Gegenvorschlag ausgelöst hat). Heute wurde der Mehrbedarf für diese Umsetzung verabschiedet. Nun muss das Geld noch abgeholt werden oder direkt abgezogen werden, damit nicht wieder solche Lücken des Nichtbezugs und Schulden bei Rückzahlungen entstehen…wir arbeiten daran.
Familienzulage: leider nur ein halbes Dessert für die Familien
Horrende Reden ahoi: Heute wurde hart gekämpft, um Kinder- und Ausbildungszulagen. Der Kanton Aargau ist da nämlich das absolute Schlusslicht! Aufgrund eines SP-Postulats wurde in der Kommission der Kompromiss der Erhöhung um Fr. 40.- pro Kind pro Monat beantragt. Der Regierungsrat beantragt Fr. 10.-. Die SVP und ein Teil der FDP wollten das absolute Schlusslicht bleiben. Die Mitte beantragte Fr. 25.-. Ihr seht viele Fränklibeträge, umso heisser die Diskussion. Die Rede war von den gebeutelten Arbeitgeber*innen(trotz aller Steuergeschenken, heinomole), die die Beiträge zahlen dürfen, Giesskannen und Klassenkampf von unserer Seite. So viel Hitze für 1 bis 3 ‰ unserer Wirtschaftsleistung. Also 10 bis 60 Millionen. Herausgekommen ist bei dieser Erstberatung der absolut nicht ausreichende Kompromiss von Fr. 25.-. Wir bleiben also auch hier dran.
Zofingen: Ein Foul für die Inklusion
In Zofingen hat der Einwohnerrat einen Verpflichtungskredit zur behindertengerechten Sanierung der Pfistergasse abgelehnt. Der SVP und FDP und Teilen der Mitte war die behindertengerechte Pflästerung zu teuer. Dies obwohl das Postulat «begehbare Altstadt für alle» aus den Reihen der Mitte vor 2 Jahren einstimmig überwiesen wurde. Die SP wehrte und vergeblich für eine inkusive Altstadt. Immerhin, die SP-Fraktion brachten den zweiten Antrag für Brunnenversickerungsanlagen durch. Somit braucht es ein Baugesuch. Dies bringt nun die Chance, dass via Einsprache- und Verbandsbeschwerdeverfahren die ewiggestrigen Zofinger zur Einhaltung des Behindertengleichstellungsgesetzes gezwungen werden. Hast du die Inklusionsinitiative schon unterschrieben? Nein? Also Hopp. Link zu den Unterschriftenbögen.
- Interpellation Rolf Schmid, SP, Frick (Sprecher), Carol Demarmels, SP, Obersiggenthal, Mia Jenni, SP, Obersiggenthal vom 25. Juni 2024 betreffend Auswirkungen tieferer Vermögenssteuersätze auf den Mittelstand
- Interpellation Rolf Schmid, SP, Frick (Sprecher), Carol Demarmels, SP, Obersiggenthal, Mia Jenni, SP, Obersiggenthal vom 25. Juni 2024 betreffend Auswirkungen höherer Kinderabzüge und Abzüge von Drittbetreuungskosten auf mittelständische Familien
- Interpellation Carol Demarmels, SP, Obersiggenthal (Sprecherin), Dr. Lucia Engeli, SP, Unterentfelden, Dr. Jürg Knuchel, SP, Aarau, Lea Schmidmeister, SP, Wettingen, vom 25. Juni 2024 betreffend Nichtbezug von Prämienverbilligungen