Rotes Protokoll vom 19. November 2024

Liebe Genoss:innen

Heute machten wir uns ans Budget oder wie es im Grossen Rat heisst, an den AFP (Aufgaben- und Finanzplan). Die Kommissionen haben in ihren Bereichen schon fleissig vorgetaktet und so lag uns heute eine lange Liste mit Anträgen von Hüben und Drüben vor. Vorweg: Polizei und Gerichte dürfen aufstocken – Bildung und Kultur müssen wegkürzen. Die wirklich harten Brocken werden nächste Woche kommen: Asyl und Teuerung für unser Staatspersonal. Es bleibt also spannend.  Dann war über Mittag noch die alljährliche Grippeimpfaktion, wo viele sich gegen die Grippe impfen liessen. Der Winter kann kommen. Wir sind ready.

Solidarisch
Lelia, Mia, Rolf, Alain 

Gebäude dekarbonisieren in Zeiten der Klimakrise: Logisch! Oder?

2024 – Jahr der Erdrutsche, Überschwemmungen und evakuierten Dörfern. Die Klimakrise ist da und es ist höchste Eisenbahn, ihn einzudämmen. Nun, im Inland gibt es drei grosse Treibhausgasemissionstreiber nämlich Verkehr, Industrie/Landwirtschaft und Gebäude. Auch deshalb hat die Schweiz und damit der Kanton Aargau die Dekarbonisierung der Gebäude bis 2050 beschlossen. Es ist also nur sinnvoll und vor allem wichtig, dass das Förderprogramm Energie weitergeführt wird, finden wir. Heute werden noch ca. 60% der Gebäude im Kanton Aargau mit Öl, Gas oder Strom beheizt.

Die Finanzierung ist einigermassen vielschichtig; wichtig ist, dass ein Teil durch den Bund und ein Teil durch den Kanton bezahlt wird. Nun wäre es sinnvoll gewesen, dieses Programm für die nächsten vier Jahre weiterzuführen. Leider sahen dies bei weitem nicht alle in der zuständigen UBV-Kommission so, weil es nicht klar ist, wie viel Bundesbern in zwei Jahren noch an die Kantone zahlt. Die Bürgerlichen wüten auch in Bern und bauen fleissig ab. Und wenn der Bund unsicher ist, dann will man als Kanton fürs Klima ja nicht in die Bresche springen.

Aber immerhin wurde der UBV-Mehrheitsantrag einer Krediterhöhung auf 97,1 Mio. statt 88,25 Mio. Franken von Mitte-Links angenommen mit sieben Stimmen Unterschied gegen SVP und FDP. Hätte diese Abstimmung nächstes Jahr stattgefunden, wäre das Resultat ein anderes gewesen. Schliesslich wollte die SVP und Teile der FDP das ganze Programm streichen. Ihnen scheint es egal zu sein, dass wir via Klimaparagraphen einen klaren Auftrag zur Dekarbonisierung haben und von effizienter Klimapolitik ganz zu schweigen. Das Förderprogramm (halt nur für zwei Jahre) wurde aber klar angenommen.

Anzufügen bleibt, dass Gabi Lauper und Martin Brügger sich in der Kommission (chancenlos) dafür stark gemacht hatten, dass der Kanton alle CO2-Abgaben, die im Kanton generiert werden, zurückgeholt und in den Klimaschutz investiert werden. Dafür bräuchte es 9 Millionen Franken mehr pro Jahr. Nur um aufzuzeigen, auf welchem Niveau wir uns klimapolitisch im Kanton Aargau bewegen.

Und dann begann die Budgetschlacht….

Geisterantrag Polizei Das gab es noch nie: Anträge die dann mit 0 Stimmen abgelehnt wurden. Geisteranträge – nicht mal die Antragstellenden stimmt dafür. What??? Es ging um die Streichung von Polizeiressourcen in Millionenhöhe. Für einen Minderheitsantrag braucht es fünf Stimmen. Also sollten mindestens fünf Personen ihrem eigenen Antrag folgen. Aber möglicherweise wurde es den Antragstellenden selber zu blöd – oder zu peinlich – weil ja, der Antrag war wirklich absurd: Der Kanton Aargau hat schweizweit die tiefste Polizeidichte. Seit Jahren ist das ein riesiges Thema. Gerade gestern hat der Polizeikommandant in der Zeitung erklärt, dass es einen Handlungsbedarf gibt. Und bei dieser ausgemergelten Polizei wollten diese Geister (die wir nimmer riefen) noch wegstreichen. Der Antrag aus der Welt der Sagen und Legenden verdampfte nach rund 20 Minuten Voten aller Parteien – alle Parteien? Eine hat nichts gesagt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Wie Sprühnebel im Hochsommer. 

Arbeitsbewilligungen schneller ausstellen – braucht das die Wirtschaft? 
Ähnlich absurd war der Antrag aus der Kommission die Ressourcen für Arbeitsbewilligungen für Migrant*innen zu streichen. Wo Migration drin steckt, da zückt Rechtskonservativ reflexartig den Rotstift. Ohne zu denken. Ohne zu studieren. Ohne die Konsequenzen zu sehen. Heute ist es so, dass viele Menschen und die Arbeitgebendene tage-, manchmal wochenlang auf die Ausstellung der Arbeitsbewilligung warten müssen. Eine solche Aufstockung ist also Wirtschafts- und Standortförderung. Rechtskonservativ versuchten der Wirtschaft gehörig Sand ins Getriebe zu werfen. Zum Glück war eine Mehrheit dagegen. 

Bildung: Wann übernimmt der billige Lehrroboter?

Das Positive vorweg: „Deutschlernen vor dem Kindergarten“ soll schneller eingeführt werden und die fünf Gemeinden, die bereits Pilotprojekte gestartet haben, sollen eine Übergangsfinanzierung erhalten. Der Grosse Rat möchte bei der frühen Förderung vorwärts machen. Juuupiii!

Und dann wurde der Rotstift angesetzt: Der Personalaufwand bei den Lehrpersonen in der Volksschule wird in den nächsten vier Jahren um 12,4 Mio. Franken reduziert – als Folge der neuen Ressourcierung, aber noch bevor die neue Ressourcierung überhaupt evaluiert wurde. Auch gestrichen wurden die „viamia“-Beratungen für Menschen über 40 Jahre, die sich beruflich neu orientieren wollen. Eine sinnvolle Sache. Doch Bundesbern hat Gelder gestrichen und der Kanton Aargau stimmt ins bürgerliche Streichkonzert mit ein. So geht Bildungspolitik à la Rechtskonservativ: Den Fach- und Arbeitskräftemangel beklagen, aber kein Geld für Standortbestimmungen! Der integrativen Schule vorwerfen, sie sei gescheitert, aber Millionen bei der Volksschule kürzen!

Von Leuchttürmen und guter Landwirtschaft

Im Aufgabenbereich Kultur forderten wir mehr Geld für Kultur-Leuchttürme, also für  Kulturinstitutionen von kantonaler Bedeutung und darüber hinaus, wie das Stapferhaus, die Villa Langmatt, Murikultur, das KIFF in Aarau, das Kurtheater Baden und einige mehr. Denn einzelne Häuser sind strukturell unterfinanziert und die kulturelle Vielfalt langfristig bedroht. Chancenlos! Trotz der Unterstützung der KAPF! Der Grosse Rat war einmal mehr nicht bereit, die Förderbeiträge dem Bevölkerungswachstum anzupassen, denn Leuchttürme braucht es nicht in einem Binnenland. Es hiess von Rechts: Gute Kultur finanziert sich selbst. Wir fragten, ob sich auch gute Landwirtschaft von selbst finanziere? Das ist natürlich nicht das Gleiche. 73:62 gegen die Erhöhung. Schade. Wirklich schade.

  • Interpellation Stefan Dietrich, SP, Bremgarten (Sprecher), Carol Demarmels, SP, Obersiggenthal, vom 19. November 2024 betreffend Aufgaben- und Leistungsanalyse (ALAN) des Regierungsrats
  • Motion der SP-Fraktion (Sprecherin Carol Demarmels, Obersiggenthal) vom 19. November 2024 betreffend Ausweitung Modul1 der ALAN auf unterfinanzierte Aufgabenfelder

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