Liebe Genoss:innen
Oh du fröhliche, oh du selige
Gnadenbringende Weihnachtszeit!
Weihnachtlich dekoriert war heute aber nur das Grossratsgebäude. Im Saal drin war es weniger fröhlich und selig. Aber lest unten selber.
Neben den Ratsgeschäften war heute viel Adieu, Dank und Hallo angesagt: In der SP verabschiedeten wir das langjährige Co-Fraktionspräsidium mit Colette Basler und Claudia Rohrer. Die beiden haben uns durch Täler und Wildbäche geführt und begleitet. Haben Allianzen geschmiedet und Brücken gebaut. Waren immer am richtigen Ort zur richtigen Zeit um mit den richtigen Worten Partei für die Menschen im Aargau und uns Sozialdemokrat*innen zu ergreifen. Vielen herzlichen Dank. Wir werden Euch vermissen. Begossen haben wir die vielen Abschieden bei einem gemeinsamen Z’Mittag.
Dort haben wir vier Kollegen aus der Fraktion verabschiedet: Rolf Walser, der Mann aus dem wilden Westen, der mit Ruhe und Witz, exzellenter Rhetorik und hohen Sachverstand manche heisse Kartoffel aus dem Ofen holte. Jürg Knuchel, unser Gesundheitsspezialialist der mit scharfen Analysen, Know-how und gekonnten Allianzen den Service Public im Gesundheitswesen (bis aufs Blut 😉) verteidigte – bis zum allerletzten Tag! Denn auch heute zog er gegen die Privatisierung des Gesundheitswesens in die Schlacht. Daniel Mosimann, unser Stadtammann von Lenzburg, immer gut vernetzt, überlegt und vorausschauend. Er hat im richtigen Moment die richtigen Worte gefunden, für die Staatsangestellten Partei ergriffen und uns durch hoch-komplexe Verwaltungsgeschäfte geführt. Und Alfred Merz, der stille Schaffer, mit riesigen Wissen und viel Erfahrung, der mit dem Blick aus einer Randregion immer die richtigen – sozialdemokratischen – Schlüsse zog und mit seinem breiten Netzwerk und seinem superguten Gespür für rote Politik im Schatten der grossen Bühne viel Fäden im richtigen Moment zog und Knoten knüpfte. Alles Gute im Leben nach dem Grossen Rat. Ihr werdet uns fehlen!
Zudem wurde die neue Regierungsrätin Martina Bircher vereidigt und die Grossratspräsidentin Mirjam Kosch führte einmal mehr mit Witz und Verve durch ihre letzte Sitzung. Beim Apéro im Ratskeller wurde zum Schluss geprostet, debattiert, die Boxhandschuhe gehen Samthandschuhe gewechselt und allerlei Friedenspfeifen geraucht. Eine Pause tut uns gut. Im Januar kommen wir zurück. Mit anderen Mehrheiten, mit frischen Köpfen und mit neuen Boxhandschuhen. Oh du fröhliche! Geniesst die Tage zwischen den Jahren, erholt und trankt Energie. Weil wir brauchen in Zukunft viel Kraft und Solidarität.
Solidarisch
Lelia, Mia, Rolf, Alain
Fraktionserklärung
Seit letzter Woche wissen wir, was mit dem Spital in Zofingen passiert. Die Regierung verkauft es an eine dubiose Investorengruppe und privatisiert dadurch ein weiteres Stück der medizinischen Grundversorgung. Ein Walliser Immobilienmogul, ein Financier aus den Vereinigten Staaten und das Emirat Kuwait stehen u.a. hinter dem Swiss Medical Network. Für die Mitarbeitenden und die ganze Region Zofingen ist es wichtig, dass das Spital erhalten bleibt. Dafür hat die SP grösstes Verständnis. Mit einer Fraktionserklärung haben wir uns heute aber kritisch zur Privatisierung und der neuen Eigentümerin geäussert. Für die SP ist es inakzeptabel, dass ein weiteres Stück unseres Service Public der öffentlichen Kontrolle entzogen und privaten Gewinninteressen ausgesetzt wird. Diese klare Positionierung kam im Rat natürlich nicht gut an, weshalb die FDP mit einer spontanen «Fraktionserklärung» ihrerseits kein gutes Haar an uns und unserem Sprecher, Jürg Knuchel, liess. Mit happigen Vorwürfen warf man uns vor, wir hätten wohl lieber einen Konkurs und eine Schliessung des Spitals als, wie nun geschehen, dem «weissen Ritter» frenetisch Beifall zu klatschen.
Unsere Standesinitiative
Vor etwas über einem Monat demonstrierten rund 1’000 Menschen in Bern. Es war eine aussergewöhnliche Ansammlung an Menschen: Stahlarbeitende, ein SVP-Nationalrat, Klimastreikende und SP- Mitglieder. Der Grund ist aus den Medien wohlbekannt, die drohende Schliessung der Stahl Gerlafingen und damit der Verlust von Arbeitsstellen, der hiesigen Kreislaufwirtschaft und eines Stahlwerks, welches um ein Mehrfaches ökologischer ist, als Vergleichbare im Ausland. Aufgrund dieser aufschreckenden Entwicklung, die sich leider einreiht in die zunehmende Deindustrialisierung des Kantons (siehe General Electric, Holcim etc.) und der Schweiz haben wir eine Standesinitiative eingereicht, die verlangt, dass der Bund endlich eine sozial-ökologische Transformation der Industrie vorantreibt und dass er Industriepolitik betreibt. In der Debatte zeigte sich rasch, seitens FDP und SVP fand das Anliegen kein Gehör. Man fürchtete sich vor Subventionen und vor Staatseingreifen. Der Markt solle bestimmen, wie in allen anderen Branchen… was ja dann doch nicht ganz stimmt im Tourismus, Landwirtschaft etc. Ausserdem bedeutet Industriepolitik dann doch ein wenig mehr als Subventionen. Es bedeutet Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen, Förderung der Nachhaltigkeit und Krisensicherung. Die Standesinitiative wurde demnach trotz Sympathien der Mitte und Unterstützung der Grünen abgelehnt. Ein gutes Glück, dass FDP- und SVP-Vertreter*innen auf nationaler Ebene dies nicht ganz so libertär sehen und zumindest kurzfristigen Massnahmen zugestimmt haben. Allerdings… nach wie vor sieht sich die Schweiz nicht in der Pflicht, Industriepolitik zu betreiben. Das wird uns wohl noch teuer zu stehen kommen.
Mehr Grenzkontrollen, weniger Staat?
Grenzen schliessen! Ok, nicht gerade schliessen, aber die Grenzen besser kontrollieren, fordert die FDP. Und da auch der Aargau ein Grenzkanton ist und 2024 im Aargau ein Wahljahr war, verlangen die Aargauer Liberalen gemeinsam mit der SVP schärfere Grenzkontrollen. Weil aber der Bund und nicht die Kantone für den Grenzschutz zuständig ist, braucht es auch hier eine Standesinitiative. Zugegeben, im Sommer hat die Schweiz ihre Grenze schärfer kontrolliert. Grund war die erhöhte Terrorgefahr während der Fussball-WM in Deutschland und den Olympischen Spielen in Paris. Die Spiele sind zwar vorbei, doch die illegale Migration und Kriminalität bleiben ein politischer Dauerbrenner. Darum fordern genau diejenigen Parteien, die bei jeder Gelegenheit Stellen streichen, bei der Polizei, bei der Grenzwache, beim Zoll, überall, heute mehr Staat und weniger Freiheit! Wir fanden die Forderung nach mehr Grenzkontrollen einmal mehr heuchlerisch. Gebracht hat es einmal mehr nichts. Der Antrag auf Direktbeschluss wird mit 78 zu 51 Stimmen für erheblich erklärt. Das Geschäft geht an die Kommission für öffentliche Sicherheit, die dem Grossen Rat in der neuen Legislatur und in neuer Zusammensetzung einen Bericht vorlegen muss.
Angebote schaffen für Suchtkranke? Nein – bitte schön der Reihe nach
Zusammen mit den Mitte-links Parteien haben wir im Sommer eine Motion eingegeben, welche vom Regierungsrat fordert schnellstmöglichst Massnahmen für Suchtkranke zu schaffen und damit die Zentrumsgemeinden zu unterstützen. Der Aargau hat schon in den 80-er Jahre des letzten Jahrhunderts auf Repression gesetzt während der Kanton Zürich die Zeichen der Zeit erkannte, auf die Suchtkranken zuging, nicht ihre Sucht bekämpfte sondern Orte für einen würdigen Konsum schuf: Kontrollierte Abgabe, Konsumräume, Beratung, medizinische Angebote, Suppenküchen und Orte zum Schlafen. In einem zweiten Schritt soll der Ausstieg aus der Sucht angegangen werden. Heute – fast 50 Jahre später steht der Kanton Aargau noch immer ohne Angebote da. Zwar wurden runde Tische einberufen, eine Koordination aufgegleist, Umfragen (auch mit Suchtkranken) gemacht und ja, der Wille scheint da zu sein effektive Massnahmen zu ergreifen. Doch heute wäre der Grossteil des Rates zwar bereit gewesen unsere Motion als Postulat entgegen zu nehmen, aber eine Motion – nein, das wollte man nicht: zu schnell, zu unrealistisch, überholt und die Gemeinden seien in der Pflicht. Wir liebäugeln am Morgen zwar noch unsere Motion in ein Postulat umzuwandeln, so dass wir den Spatz in der Hand hätten und die Taube auf dem Dach nicht aufscheuchen. Doch wir entschieden uns dagegen. Weil: Papiere, Analysen und Berichte gibt es genug, nun braucht es konkrete Schritte und Massnahmen. Der Regierungsrat versprach, dass er schnell handeln würde. Schade. Wir hätten heute zu den Suchtkranken sagen können: wir sehen euch. Wir hätten zu den betroffenen Gemeinden sagen können: wir hören euch. Die Motion wurde abgelehnt und wieder stehen wir zwar mit viele Versprechen da – was nur ein magerer, piepsender Spatz in der Hand ist.
- Postulat der Geschäftsprüfungskommission (GPK) (Sprecherin Lelia Hunziker, Aarau) vom 17. Dezember 2024 betreffend Reduktion der Gefangenentransporte im Kanton Aargau
- Postulat Dr. Lucia Engeli, SP, Unterentfelden (Sprecherin), Dr. Jürg Knuchel, SP, Aarau, vom 17. Dezember 2024 betreffend automatisierte Auszahlung der Prämienverbilligung für den unteren Mittelstand
- Interpellation der SP-Fraktion (Sprecher Michael Wacker, Zofingen) vom 17. Dezember 2024 betreffend Verkauf der Spital Zofingen AG (SZAG) an das private Gesundheitsunternehmen Swiss Medical Network SA (SMN)
- Interpellation Stefan Dietrich, SP, Bremgarten, vom 17. Dezember 2024 betreffend Unterstützung und Entlastung Aargauer Gemeinden beim Bau von Schulraum
- Interpellation Colette Basler, SP, Zeihen (Sprecherin), Dr. Lucia Engeli, SP, Unterentfelden, vom 17. Dezember 2024 betreffend ausstehenden Bericht zur Schaffung eines Mediengesetzes im Kanton Aargau Postulat 22.262 und IP 23.398