Mittelstand bezahlt Steuergeschenke für Reiche

Die Revision des Steuergesetzes im Kanton Aargau hilft praktisch nur den vermögenden Aargauer:innen. Die breite Bevölkerung wird mit höheren Kinderabzügen geködert, geht aber in der Realität einmal mehr leer aus.

Der Kanton Aargau hat vor drei Jahren die gewinnstärksten Unternehmen steuerlich entlastet – nun sind die reichsten Menschen dran. Die Vermögenden sollen mit der aktuellen Revision von grosszügigen Steuergeschenken profitieren. Die breite Bevölkerung dagegen geht erneut leer aus.

Das überparteiliche Nein-Komitee zur Steuergesetz-Revision im Kanton Aargau hat am Mittwoch im Volkshaus Aarau seine Argumente vorgestellt. SP, EVP und Grüne lehnen die Revision ebenso klar ab wie ArbeitAargau, der kantonale Dachverband der Arbeitnehmer:innen-Organisationen.

Einseitige Entlastung der Reichen
«Diese Steuergesetzrevision ist nichts anderes als ein billiger Versuch, Millionensummen am Mittelstand vorbeizuschmuggeln hin zu den reichsten Menschen in diesem Kanton», fasst SP-Grossrätin Carol Demarmels die Revision zusammen.

Die einseitige Steuervorlage hilft vor allem denjenigen, die finanziell auf der Sonnenseite stehen: 80 Prozent der Steuererleichterungen gehen an die Reichsten, allein 6 Millionen Franken davon fliessen an die 60 reichsten Aargauer:innen. «Das ist ein Bschiss, nichts anderes», so Demarmels. Denn gleichzeitig würden 70 Prozent der Bevölkerung überhaupt nichts erhalten.

«Die Vorlage ist geradezu ein Hohn für die schwer arbeitenden Menschen in diesem Kanton, die mit stetig steigenden Lebenshaltungskosten konfrontiert sind», sagt Selina Egger, Co-Geschäftsführerin von Arbeit Aargau. «Es ist nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet jene Bevölkerungsgruppe, die unter diesen Entwicklungen am wenigsten leidet, ein Steuergeschenk erhalten soll.»

Auch für so manche Hausbesitzer:innen geht die unausgewogene Steuergesetz-Revision ins Geld. EVP-Grossrat Uriel Seibert führt aus: «Nur rund 18 Prozent der Wohneigentumsbesitzenden profitieren von der Reform. Über die Hälfte bezahlt danach mehr.»

Ablenkungsmanöver Kinderabzüge
Auf der anderen Seite will die Regierung mit höheren Kinderabzügen die Bevölkerung entlasten. Das wird als Familienförderung verkauft, macht aber nur einen minimalen Anteil der gesamten Steuergesetzrevision aus und bietet keine echte finanzielle Entlastung.

Diese angebliche Entlastung der Familien ist ein Verschleierungsversuch und Augenwischerei. Die Familien erhalten mit etwas Glück ein Zehnernötli pro Kind und Monat. «Selbst in der Summe sind es nur finanzielle Krümel, die zu den Kinderabzügen fliessen», so Carol Demarmels.

Risiko für die Zukunft
Die Revision zielt nicht nur an den Bedürfnissen der breiten Bevölkerung vorbei, sondern gefährdet auch die finanzielle Lage der Gemeinden. «Die Steuersenkungen führen bei den Gemeinden zu Mindereinnahmen – und die kämpfen teilweise heute schon mit finanziellen Problemen», erklärt Grünen-Grossrätin Mirjam Kosch.

Der Druck auf die Gemeinden wird noch problematischer, wenn im Herbst auch noch der Eigenmietwert auf Bundesebene wegfällt. «Dann drohen vor Ort Steuererhöhungen oder ein Abbau bei den Leistungen. Dieses Risiko wollen wir nicht eingehen», so Kosch.

Im Kanton gebe es bereits hohen Investitionsbedarf. «In den nächsten Jahren stehen Milliardeninvestitionen in Schulbauten an – neue Berufs- und Kantonsschulen sind dringend nötig», sagt Kosch. Auch für Kinderbetreuung, Tagesschulen, Prämienverbilligungen oder die Umstellung auf erneuerbare Energien werde in den kommenden Jahren Geld benötigt.

Aus diesen Gründen empfiehlt das Komitee der Aargauer Bevölkerung, die unausgewogene und kurzsichtige Revision klar und deutlich an der Urne abzulehnen.

Ansprechpartner:innen zu diesem Thema

Carol Demarmels

Carol Demarmels

Grossrätin Baden

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