Den Gestaltungsraum der Schule bewahren

Der Fachkräftemangel in der Volksschule verschärft sich Jahr für Jahr weiter. Statt den Lehrberuf attraktiver zu machen, fordert die Aargauer Politik die Abschaffung der integrativen Schulung, eine Notenpflicht ab der ersten Klasse und das Singen von Weihnachtsliedern. Diese Vorschläge berücksichtigen wenig, was in den letzten Jahrzehnten im Schulbereich erreicht wurde.

Von Alain Burger, Grossrat und Co-Fraktionspräsident SP Aargau, Mitglied der
Kommission Bildung, Kultur und Sport (BKS), Wettingen

Seit rund 20 Jahren werden die Schulen im Kanton Aargau von Schulleitungen geführt, die sowohl für das Personal als auch für den Bereich Schul- und Unterrichtsqualität verantwortlich sind. In den letzten Jahren wurden weitere Schritte unternommen: Neue Führungsstrukturen, ein neues Ressourcierungsmodell und die Wahlmöglichkeit zwischen
integrativer Schule und Kleinklassen haben der Volksschule mehr Gestaltungsraum gegeben, um auf lokale Herausforderungen gezielt zu reagieren und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Aktuell fordern verschiedene politische Vorstösse im Grossen Rat, die Gestaltung der Schule und des Unterrichts durch starre Regelungen wie eine Notenpflicht ab der ersten Klasse und flächendeckende Förderklassen einzuschränken. Dabei kennen Lehrkräfte und Schulleitungen die Verhaltensweisen und Bedürfnisse der Schüler:innen durch ihre direkte Arbeit am besten. Zusätzliche Vorgaben auf politischer Ebene braucht es nicht. Wichtiger als eine Notenpflicht ist, dass Kinder und Eltern klare und verlässliche Rückmeldungen zum Lernstand erhalten. Noten allein können das nicht leisten. Statt die integrative Schule abzuschaffen, sollte diese optimiert und weiterentwickelt werden, auch mit zusätzlichen Ressourcen.

Die Gestaltung des Unterrichts ist keine politische Frage
Qualifizierte Lehrkräfte wissen, wie Lernen funktioniert und was es verhindert. Sie kennen die Faktoren, die die Motivation stärken oder schwächen. Zudem verstehen sie, welche Merkmale guten Unterrichts massgeblich den Lernerfolg bewirken. Dieses Wissen bildet – wie in jedem anderen Beruf – die Grundlage für die Gestaltung von Unterricht und Schule. Die Politik soll über die Bildungsziele und den finanziellen Rahmen entscheiden, jedoch nicht über die konkrete Unterrichtsgestaltung. Dies ist eine berufsfachliche Frage. Zudem gewinnt der Lehrberuf kaum an Attraktivität, wenn die Schule zunehmend zum Spielball der Politik wird. Im Aargau sollten wir wieder verstärkt auf diejenigen hören, die sich wirklich auskennen: Lehrkräfte und Schulleitungen, Berufsverbände, Bildungsforschende sowie das Bildungsdepartement. Die SP-Fraktion im Grossen Rat setzt sich weiterhin dafür
ein, dass die Volksschule ihren Bildungsauftrag bestmöglich erfüllen kann. Dafür sind ausreichende Ressourcen für Aus- und Weiterbildung sowie qualifiziertes Personal erforderlich, das die Aargauer Schulen aktiv mitgestalten möchte und kann. Und besonders wichtig ist, dass der Gestaltungsraum der Schulen erhalten bleibt.

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