
Liebe Genossinnen und Genossen
Oppositionspolitik bedeutet oft: Wir stehen in der Minderheit. Aber auch dann ist klar – wir treten ein für Gleichstellung, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und die Menschen im Aargau. Wir ergreifen Partei für alle statt für wenige. Wir suchen Lösungen und Kompromisse und erarbeiten Strategien und Antworten. Dafür sind wir gewählt. Dafür sind wir da.
Heute hat der Grosse Rat wieder einmal gezeigt, wie wenig Fortschritt gewollt ist: Statt die Heiratsstrafe endlich abzuschaffen, stellt sich der Aargau mit einem Kantonsreferendum gegen die Individualbesteuerung – und damit gegen Gleichstellung. Und auch beim Schulgesetz wurden Chancen vertan: kleinere Klassen, verbindliche Blockzeiten, echte Tagesstrukturen – alles Fehlanzeige.
Wir aber bleiben dran. Wir stehen hin für unsere Werte und wir geben nicht nach.
Solidarisch
Euer Rote-Protokoll-Team:
Luzia, Arséne, Selena, Carol, Lelia

Heiraten? Lieber nicht im Aargau.
Denn wenn die Kirchenglocken läuten, wird’s teuer: Verheiratete Paare zahlen im Aargau mitunter mehrere Tausend Franken mehr Steuern – nur wegen ihres Zivilstands.
Und das soll so bleiben – zumindest wenn es nach dem Grossen Rat geht. Mit 71 zu 59 Stimmen hat er beschlossen, dass der Aargau das Kantonsreferendum gegen die Individualbesteuerung einreicht. Was heisst das? Der Aargau stellt sich – als achter Kanton – gegen eine der zentralsten Gleichstellungsreformen unserer Zeit. Damit kommt die Individualbesteuerung vors Volk – und wir sind bereit. Denn für die SP Aargau ist klar: Die Heiratsstrafe gehört abgeschafft. Jetzt.
Auch wir stimmen der Individualbesteuerungsvorlage nicht in jedem einzelnen Punkt zu. Aber sie ist das Produkt einer jahrelangen politischen Debatte, in der unterschiedlichste Modelle geprüft wurden. Herausgekommen ist ein mehrheitsfähiger Kompromiss, der einen Meilenstein für die Gleichstellung darstellt und den vielfältigen Lebensrealitäten Rechnung trägt.
Die Argumente gegen die Reform? Fadenscheinig: von Bürokratie über Mehraufwand bis hin zu angeblichen Nachteilen für Einverdiener*innen. Fakt ist: Niemand wird schlechter gestellt – ausser der Regierungsrat setzt die Umsetzung mutwillig schlecht um.
Das Kantonsreferendum ist keine Lösung. Es ist Stillstand auf Kosten der Gleichstellung.
Totalrevision Schulgesetz – Rückschritt statt Fortschritt
Man könnte meinen: Gut Ding will Weile haben. Leider muss hier gesagt werden: Zu viele Köchinnen versalzen die Suppe. Unsere Bildungspolitikerinnen haben debattiert, studiert und versucht, Kompromisse zu erarbeiten. Aber schön der Reihe nach. An zwei Sitzungen haben wir das Gesetz beraten. Leider können wir nicht sagen: Gut Ding will Weile haben. Schade.
Am 9.9.2025 hat der Grosse Rat Chancen vertan: keine kleineren Klassen, keine verbindlichen Blockzeiten, keine echten Tagesstrukturen. Statt Fortschritt gab es Rückschritte – sogar entschuldigte Absenzen sollen ins Zeugnis. Immerhin: Die absurde Idee, den Eltern die Dolmetschkosten aufzubürden, wurde knapp verhindert.
Heute ging die Debatte weiter und wir setzten uns wieder ein – für Jugendverbände erfolgreich, sie können weiterhin von Anschubfinanzierungen durch den Kanton profitieren. Dass Schulsozialarbeit an den Mittelschulen obligatorisch sein soll, wurde von einer Mehrheit abgelehnt. Der Ratsmehrheit ist die psychische Gesundheit junger Menschen nicht so wichtig. Beschämend.
Das Resultat nach unzähligen Kommissionssitzungen und zwei Sitzungstagen inkl. Sitzungsunterbrüchen für zusätzliche Kommissionsberatungen: mehr Rückschritt statt Fortschritt. Wir lehnten die Revision des Volksschulgesetzes in dieser Form ab.
Grundstein für neue Kanti Stein ist gelegt: Sparen an Kunst. Teure Provisorien wegen Investitionsstau
Heute hat der Grosse Rat erfreulicherweise den Grundstein für die neue Kantonsschule Stein gelegt. Aber bei der Kunst im öffentlichen Raum massiv gespart – der entsprechende Kredit wurde vom Grossen Rat auf Druck der rechtsbürgerlichen Mehrheit mehr als halbiert. Kunst fördert Reflexion und Bildung – auch an einer Mittelschule. Wir haben uns gegen diesen Entscheid gewehrt, leider erfolglos.
Gleichzeitig wurde ein Kredit für dringend benötigten Schulraum gesprochen. Die sechs Mittelschulen im Aargau sind überlastet – ein Ergebnis der Sparpolitik vor zehn Jahren. Jetzt braucht es teure Provisorien. Welche Folgen die aktuelle Politik der rechtsbürgerlichen Mehrheit für die Menschen im Kanton haben wird, werden wir in einigen Jahren sehen.
Swisslos-Fonds bleibt solidarisch
Der Grosse Rat Aargau hat eine Motion knapp abgelehnt, die gefordert hätte, dass Gelder aus dem Swisslos-Fonds künftig ausschliesslich für Projekte im Inland verwendet werden dürfen. Damit wäre die kantonale Unterstützung für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe im Ausland faktisch gestrichen worden.
Die SP Aargau hat sich entschieden gegen diesen Rückzug ins nationale Schneckenhaus gestellt. In einer globalisierten Welt tragen wir Verantwortung – gerade auch für jene, die unter den Folgen unseres Wohlstands leiden. Denn unser Lebensstandard beruht oft auf günstiger Produktion im Globalen Süden, wo Arbeitsrechte, Umweltstandards und soziale Absicherung schwach sind. Die Gewinne kommen zu uns – die Kosten bleiben dort.
Entwicklungszusammenarbeit ist deshalb kein Luxus, sondern ein Ausgleich für ein ungerechtes System. Dass SVP und grosse Teile der FDP diese Hilfe streichen wollten, ist politisch kurzsichtig und moralisch fragwürdig. Dieses Treten nach unten ist unserem Kanton nicht würdig. Wir freuen uns über die Ablehnung der Motion und setzen uns weiterhin für eine offene, solidarische und verantwortungsbewusste Politik ein – lokal wie global.

Es werden jeweils die Vorstösse aufgelistet, bei welchen eine SP-Person Sprecher*in ist.
- Postulat der SP-Fraktion (Sprecher Alain Burger, Wettingen) vom 23. September 2025 betreffend Programm zur Förderung der Handlungsfelder Sprachförderung, Schulerfolg und Integration an multikulturellen Schulen
- Interpellation Alain Burger, SP, Wettingen (Sprecher), Jürg Baur, Mitte, Brugg, Martin Bossert, EDU, Rothrist, Annetta Schuppisser, GLP, Bremgarten, und Yannick Berner, FDP, Aarau, vom 23. September 2025 betreffend Sicherung des qualifizierten Nachwuchses für die neue Hochschule für Informatik FHNW
- Motion Mia Jenni, SP, Obersiggenthal (Sprecherin), Edith Saner, Mitte, Birmenstorf, Karin Koch Wick, Mitte, Bremgarten, Manuela Ernst, GLP, Wettingen, Ruth Müri, Grüne, Baden, Désirée Stutz, SVP, Möhlin, Therese Dietiker, EVP, Aarau, vom 23. September 2025 betreffend Departementswechsel des Frauenhauses Aargau-Solothurn vom Departement Bildung, Kultur und Sport zum Departement Gesundheit und Soziales