Text und Begründung:
E-Zigaretten sind in der Schweiz seit etwa 2005 bekannt. Sie existieren in verschiedenen Ausführungen. Typischerweise bestehen sie aus einem Mundstück, einer wiederaufladbaren Batterie, einem elektrischen Verdampfer und einer Kartusche. In der Kartusche befindet sich eine Flüssigkeit, ein sogenanntes Liquid, das beim Ziehen am Mundstück vernebelt und inhaliert wird. Es gibt Liquids sowohl mit als auch ohne Nikotin. In der Schweiz waren nikotinhaltige E-Zigaretten bisher verboten.
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) musste aber vor Gericht eine Niederlage einstecken. Seine Allgemeinverfügung, die den Verkauf von nikotinhaltigen Flüssigkeiten für E-Zigaretten verbot, sei fehlerhaft. Deshalb dürfen nun solche Flüssigkeiten in der Schweiz verkauft werden.
Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.4.2018 können, gestützt auf das Cassis-de-Dijon-Prinzip, nikotinhaltige E-Zigaretten aus der EU oder aus dem EWR auch in der Schweiz in Verkehr gebracht werden. Voraussetzung: Die Produkte müssen die technischen Anforderungen eines EU- oder EWR-Mitgliedstaates erfüllen und in diesem Staat rechtmässig im Verkehr sein. Solche Produkte dürfen auch in der Schweiz hergestellt und verkauft werden, wenn sie die Vorgaben des EU-Rechts einhalten.
Durch fruchtige, süsse Aroma-Substanzen sowie die attraktive Gestaltung von E-Zigaretten/E-Shishas werden vermehrt Kinder und Jugendliche angesprochen. Das Gadget, das Präventionsstellen, Schulen, Eltern und Erziehern Sorgen macht, sieht von außen aus wie ein längerer USB-Stick, lässt sich am Laptop aufladen und macht seine jungen User nikotinsüchtig. Die kalifornische Vertriebsfirma hat damit in den USA bereits 70 Prozent Marktanteil, die Behörden sprechen von einer regelrechten Epidemie. Weil diese E-Zigarette das Kratzen im Hals und den schnellen Nikotinflash echter Zigaretten simuliert, scheinen diese E-Dampfgeräte für Jugendliche besonders attraktiv zu sein. Die speziellen Kapseln enthalten nicht nur Flüssigkeit, sondern auch Nikotinsalz. Dieses wird vom Körper schneller aufgenommen, der Nikotinpegel im Blut steigt ähnlich schnell an wie bei einer konventionellen Zigarette. Regelmässiger Konsum nikotinhaltiger E-Zigaretten, führt, analog zu herkömmlichen Zigaretten, zu Nikotinabhängigkeit. Nikotin ist ein starkes Nervengift. Es beschleunigt den Herzschlag und bewirkt eine Verengung der peripheren Blutgefässe. Werden nikotinhaltige Nachfüllflüssigkeiten unsachgemäss behandelt oder inhaliert, besteht zudem die Gefahr von Vergiftungen, die im schlimmsten Fall zum Tod führen können.
Am 23. Juni 2015 hatte Grossrätin Maja Riniker, FDP, Suhr, eine Motion betreffend Verkaufsverbot von E-Zigaretten und E-Shishas an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren eingereicht. Damals ging es noch um nicht nikotinhaltige Produkte, da diese ja verboten waren. Der Regierungsrat teilte zwar die Anliegen und Einschätzungen der Motionärin, wonach der Konsum von E-Zigaretten und E-Shishas speziell für Kinder und Jugendliche problematisch ist, weil er den Einstieg in ein Suchtverhalten fördert und erleichtert. Er verwies aber auf die eidgenössische Ebene, wo die Ausarbeitung eines Bundesgesetzes über Tabakprodukte (Tabakproduktegesetz TabPG) anstehe und monierte, aus zeitlichen und inhaltlichen Gründen sei es sinnvoll, dieses Bundesgesetz abzuwarten. Es sei davon auszugehen, dass das betreffende Gesetz in kürzerer Zeit realisiert sei und die Gesamtbreite tabakpräventiver Massnahmen zum Schutz der Jugend einschliessen werde. Die Motion wurde am 27.Oktober 2015 als Postulat überwiesen und erscheint seit dann im den Jahresberichten unter den aufrecht zu erhaltenden Vorstössen. Passiert ist seither nichts: Stände- und Nationalrat wiesen das Tabakproduktegesetzes im Juni und Dezember 2016 an den Bundesrat zurück. Es folgte die Eröffnung der Vernehmlassung eines überarbeiteten Gesetzesentwurfs und Anfang 2019 kommt der zweite Entwurf des Bundesgesetzes über Tabakprodukte und elektronische Zigaretten ins Parlament. Mit dem Inkrafttreten des Tabakproduktegesetzes ist erst auf Mitte 2022 zu rechnen.
Angesichts der viralen Verbreitung des Hypes um die nikotinhaltige E-Zigarette in den sozialen Medien und dem Konsum an Amerikas Schulen, braucht es dringend Massnahmen zum Jugendschutz und verstärkte Präventionsarbeit. Es geht nicht an, dass wir untätig zusehen, wie eine ganz neue Generation von Kindern und Jugendlichen in die Nikotinabhängigkeit getrieben wird.
In diesem Zusammenhang wird der Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:
- Das Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz, LMG) wird aktuell revidiert und an europäisches Recht angepasst. Die Regelung der Tabakprodukte wird ausgegliedert und soll in ein neues Tabakproduktegesetz überführt werden. Der Entwurf des Tabakproduktegesetzes regelt u.a. E-Zigaretten und sieht vor, dass nikotinhaltige E-Zigaretten den Tabakprodukten gleichgestellt werden. Unterstützt der Regierungsrat diese Absicht?
- Unterstützt der Regierungsrat ein Verkaufsverbot nikotinhaltiger E-Zigaretten, E-Shishas, E-Pens oder Vaporizer an Jugendliche und falls ja, wo sieht er die Altersgrenze?
- Wie stellt sich der Regierungsrat zu einem Werbeverbot für nikotinhaltige E-Zigaretten, E-Shishas, E-Pens oder Vaporizer?
- Mit welchen Präventionsmassnahmen will der Regierungsrat verhindern, dass Jugendliche zu nikotinhaltigen E-Zigaretten, E-Shishas, E-Pens oder Vaporizern greifen?
- Wie stellt der Regierungsrat sicher, dass die aargauischen Volks-, Berufs- und Kantonsschulen dieser Thematik und der Prävention flächendeckend die dringend nötige Aufmerksamkeit schenken?
- Ist der Regierungsrat angesichts der sich in die Länge ziehenden gesetzlichen Anpassung auf eidgenössischer Ebene bereit, die notwendigen gesetzlichen Anpassungen in § 37 des kantonalen Gesundheitsgesetzes und in § 17 der Verordnung zum Gesundheitsgesetz (GesV) vorzunehmen, so dass Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren keine E-Zigaretten, E-Shishas, E-Pens oder Vaporizer käuflich erwerben können?