Text und Begründung:
Der Bundesrat plant, nach 2015 und basierend auf den Ergebnissen der neuen Kostenstudie (KS16) mit erneut deutlich höheren als bisher angenommenen Kosten eine erneute Revision der SEFV (Stilllegungs- und Entsorgungsfonds Verordnung mit dem Ziel, die Finanzierung sicherzustellen und dabei das finanzielle Risiko des Bundes und der Steuerzahler zu minimieren. Die Kosten für die Stilllegung und den Abbruch der Kernanlagen sowie für die Entsorgung der dabei entstehenden radioaktiven Abfälle (inkl. Entsorgung der Betriebsabfälle abgebrannten Brennelemente) die nach der Stilllegung der Kernkraftwerke anfallen, müssen in der Schweiz vollumfänglich von den Verursachern bezahlt werden. Es handelt sich um zweistellige Milliardenbeträge.
Der Aargauer Regierungsrat lehnt nun aber in seiner Stellungnahme vom März 2019 die vom Bund vorgeschlagenen höheren Zahlungen (von zusätzlichen 110 Mio Fr.) der KKW-Betreiber in den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds ab. Diese Interpellation (IP) will geklärt haben, ob sich der Regierungsrat der finanzpolitischen Tragweite und Verantwortung bewusst ist oder ob man die Kosten lieber nachfolgenden Generationen überlassen will; die IP zielt nicht auf das Risiko des KKW-Betriebs. Warum übernimmt der Regierungsrat weitgehend den Standpunkt der KKW-Betreiber und will im Gegensatz zum Kanton Solothurn davon abrücken, dass die Kosten vollumfänglich von den Verursachern bezahlt werden müssen? Ist er sich vollumfänglich der ökonomischen Konsequenzen bewusst? Wie umsichtig übt er die Doppelrolle als „Mitbesitzer“ der AKWs (über die Axpo) und als Standortkanton aus?
Konkret fordert der Regierungsrat in seiner Stellungnahme an das Bundesamt für Energie, dass die Realrendite des Fonds bei 2 % belassen wird. Der Bundesrat möchte sie auf 1,6 % senken. Dies würde zu einer tieferen Verzinsung des Fondsvermögens führen. Die Änderung hätte zur Folge, dass die jährlichen Zahlungen beitragspflichtiger Firmen von 140 auf rund 250 Millionen Franken steigen würden.
In diesem Zusammenhang wird der Regierungsrat gebeten folgende Fragen zu beantworten:
- Der Regierungsrat übernimmt offenbar in
seiner Stellungnahme die Axpo-Position – worauf hat er seine Stellungnahme
abgestützt?
a) Hat der Regierungsrat eigene finanzpolitische Überlegungen angestellt oder sich auf unabhängige externe Expertisen gestützt? Falls ja, welche Experten haben diese erarbeitet; falls nein: Hat der Regierungsrat die Position/Berechnungen der Axpo einer Plausibilitätsprüfung unterzogen oder unbesehen übernommen?
b) Welche kritische Fragen wurden erwogen und welche Schlüsse wurden gezogen? - a) Ist dem Regierungsrat klar, dass
die Axpo und die KKW finanziell in grossen Schwierigkeiten stecken?
b) hat der Regierungsrat in seine Überlegungen miteinbezogen, dass deshalb von Seiten der KKW-Betreiber ein grosses Interesse besteht, die Kosten von sich zu weisen? Falls ja, wie hat er diese Überlegungen gewichtet?
c) Wie funktionierte im Zusammenhang mit dieser Vernehmlassung des Bundes die Kommunikation zwischen dem gewichtigen „Aktionär Aargau“ (inkl. AEW) und der Axpo (Wirken des Regierungsrats ohne Axpo-VR-Sitz)? Welche Abteilungen der Kantonsverwaltung waren in die Beantwortung involviert? Welche Akten (Studien, Stellungnahmen von KKW-Betreibern etc.-) hat der Regierungsrat beigezogen? - a) Unterstützt der Regierungsrat das
Vorsorge- und Vorsichtsprinzip?
b) Ist der Regierungsrat der Ansicht, dass die Betreiber als Verursacher die Kosten tragen müssen und dass die Kosten nicht auf zukünftige Generationen abgeschoben werden sollten?
c) Hat der Regierungsrat das Risiko erwogen, dass mit seiner Stellungnahme, die Stilllegung der AKW statt von Verursachern, weitgehend durch Bund, Kantone und Steuerzahler getragen werden müsste?
d) Ist sich der Regierungsrat bewusst, dass die angenommene Kostensteigerung von Stilllegung und Entsorgung auf 0.5% gesenkt wurde und dies, obwohl in den letzten Jahren die Kostensteigerungen mehr als 4% betragen haben? Erachtet der Regierungsrat dies als zielführend?
4. Ist sich der Regierungsrat bewusst, dass allenfalls zu viel einbezahlte Mittel an die Unternehmen zurückfliessen und es sich deshalb nicht um zusätzlich Kosten handelt, wie Axpo und unbesehen auch der Regierungsrat behaupten?
5. Ist sich der Regierungsrat bewusst, dass im Rahmen der Revision der eminent wichtige Sicherheitszuschlag, welcher das finanzielle Risiko des Bundes und der Steuerzahler aufgrund der ungenügenden Bonität der KKW-Betreiber teilwiese absichert, wegfallen wird?
6. Ist der Regierungsrat bereit, als Aktionär bei der Axpo einen Antrag auf Kapitalerhöhung zu stellen, damit für die Altlasten der KKW genügend Eigenmittel vorhanden sind?
7. Ist der Regierungsrat bereit, bei der Axpo darauf hinzuwirken, dass nicht mehr mit versteckten Quersubventionen gearbeitet wird und dass eine Transparenz im Geschäftsbericht hergestellt wird, welche es erlaubt, das Segment KKW separat zu sehen?