Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, im Rahmen des Berufs- und Weiterbildungsgesetzes oder auf Verordnungsstufe Massnahmen zur vermehrten Förderung der beruflichen Weiterbildung zu prüfen – um zu verhindern, dass ältere Arbeitnehmende Gefahr laufen, ihre Stelle zu verlieren.
Dazu gehören beispielsweise folgende Massnahmen:
• Etablierung eines kostenlosen Angebots für Arbeitnehmende zu regelmässiger Standortbestimmung, Potenzialanalyse und Laufbahnberatung ab der Mitte ihres Berufslebens (Initiative “Berufs-bildung 2030”)
• Gesetzliche Verpflichtung der Arbeitgeber, für ihre Angestellten entweder selber eine regelmäs-sige Standortbestimmung anzubieten oder von einem entsprechenden kantonalen Angebot Ge-brauch zu machen
• Unterstützung der Nachholbildung bei fehlender beruflicher Grundbildung mit existenzsichernden Beihilfen ohne Altersgrenze (gemäss dem “Waadtländer Modell”)
• Stärkere Förderung von Angeboten zur Vermittlung von Grundkompetenzen (deutsche Sprache, Mathematik, Informatik) im Rahmen der Förderstruktur des Bundesgesetzes für Weiterbildung (WeBiG)
• Ausbildungsvereinbarung mit Unternehmen zur Weiterbildung der Angestellten mit einer Auf-wandentschädigung als finanziellen Anreiz
• Ausweitung von paritätisch finanzierten Weiterbildungsmodellen im Rahmen der Sozialpartner-schaft auf alle Unternehmen der jeweiligen Branchen
• Schaffung eines kantonalen Weiterbildungsfonds, der hälftig durch den Kanton und die Arbeitgeber finanziert wird.
Begründung:
Angesichts der Stellenabbauten, die in letzter Zeit von Unternehmen im Aargau bekanntgegeben wurden, braucht es dringend eine Weiterbildungsoffensive im Kanton. Es soll gar nicht erst dazu kommen, dass ältere Arbeitnehmende – unabhängig vom Bildungsgrad – Gefahr laufen, ihre Stelle zu verlieren.
Denn bei den Stellenabbauten trifft es jeweils die älteren Arbeitnehmenden am härtesten. Sie haben Mühe, wieder eine Stelle zu finden – weil sie über keine oder wenig berufliche Grundbildung verfü-gen, oder weil sie sich im Lauf der Karriere voll auf ein Fachgebiet spezialisiert oder auf einen Arbeitgeber konzentriert haben.
Nach einem intensiven, oft entbehrungsreichen Arbeitsleben auf dem beruflichen Abstellgleich zu landen, ist frustrierend. Und unsere Volkswirtschaft kann es sich eigentlich nicht leisten, auf erfah-rene Arbeitskräfte einfach so zu verzichten. Es darf gar nicht erst soweit kommen, dass ältere Arbeit-nehmende Gefahr laufen, arbeitslos zu werden. Der Schlüssel dazu ist eine permanente Weiterbildung während des Arbeitslebens, um sich den Veränderungen der Arbeitswelt und des beruflichen Umfelds anpassen zu können – und dies auf der Grundlage von regelmässigen Standortbestimmungen in Bezug auf die eigene Entwicklung und auf die Entwicklung des Arbeitsumfelds.
Der Kanton Aargau bietet Beratung auf freiwilliger Basis und auch Stipendien für Weiterbildungs-massnahmen. Im Rahmen der Sozialpartnerschaft gibt es in vielen Branchen Ansätze für paritätisch durch Arbeitgeber und Arbeitnehmende finanzierte Weiterbildungsmodelle. Es bleibt aber meist in der freiwilligen Verantwortung der Arbeitgeber, ihren Mitarbeitenden die zeitlichen Möglichkeiten zur Weiterbildung zu gewähren – und in derjenigen der Mitarbeitenden, die Angebote auch wirklich zu nutzen. Oft fehlt es an der notwendigen Sensibilisierung für das Thema. Zudem lassen sich Weiter-bildungen oft nicht mit der familiären Situation vereinbaren, und der damit allenfalls verbundene Ver-dienstausfall kann nicht verkraftet werden.
Der Kanton Aargau ist als Industriestandort von der Digitalisierung und den damit einhergehenden Veränderungen der Arbeitswelt besonders betroffen. Deshalb ist ein stärkeres kantonsspezifisches Engagement in der beruflichen Weiterbildung, das über das bisherige Angebot hinausgeht, absolut wünschenswert, sinnvoll und angezeigt.