Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, dass Gewaltopfer eine professionelle und kostenlose Erstbehandlung in mindestens einem spezialisierten Kompetenzzent- rum für Gewaltmedizin innerhalb des Kantons erhalten.
Begründung:
Gewalt verursacht aus volkswirtschaftlicher Sicht sehr hohe Kosten. Nebst den Kosten der Justiz und Polizei sowie den Gesundheitskosten, entstehen auch enorme Folgekosten, etwa durch einen Pro- duktivitätsverlust aufgrund von Krankheit und Arbeitsunfähigkeit. Diese Kosten trägt letztlich die Ge- sellschaft. Gewalt betrifft uns daher alle.
Die bestehenden institutionellen und finanziellen Angebote im Kanton Aargau stellen einen Mini- malansatz dar. Verbesserungen sind insbesondere bei der Erstbehandlung von Gewaltopfern erfor- derlich. Hier ist es wichtig, dass Opfer von speziell ausgebildeten und sensibilisierten Fachpersonen wie Rechtsmedizinern und spezialisiertem Pflegepersonal behandelt werden. Dies ermöglicht nicht nur eine fachgerechte Behandlung und Weiterweisung an die kompetenten und zuständigen Stellen, sondern auch eine professionelle Befundaufnahme, die in einem späteren straf-, zivil- oder verwaltungsrechtlichen Verfahren als Beweismittel verwendet werden kann.
Es wird daher angeregt, nach dem Vorbild des Waadtländer Modells an den beiden Zentrumsspitä- lern in Aarau und Baden je eine Anlaufstelle in Form von Kompetenzzentren oder spezialisierten Ab- teilungen für Gewaltmedizin zu schaffen, wo Gewaltopfer von ausgebildeten Fachkräften behandelt werden. Das Angebot soll von Betroffenen, sei es bei Gewalt gegen die sexuelle Integrität, häuslicher Gewalt oder Jugendgewalt, kostenlos in Anspruch genommen werden können. Denn häufig ver- meiden Gewaltopfer, insbesondere bei häuslicher Gewalt, den Gang zum Arzt aus Angst vor den entstehenden Kosten und weiteren Repressionen ihres Partners oder ihrer Partnerin, wenn dieser oder diese zu Hause eine entsprechende Arztrechnung entdeckt. Diese emotional belastende Situation des Opfers soll entschärft werden. Zudem ist es wichtig, Anzeichen häuslicher Gewalt frühzeitig zu erkennen, damit unnötige Folgekosten vermieden werden, die aufgrund der Perpetuierung der Gewaltsituation und einer verspäteten Inanspruchnahme von Hilfsangeboten entstehen können. Die vorgeschlagene Professionalisierung verbunden mit einer Kostenübernahme durch die öffentliche Hand beispielsweise über die Entschädigung für gemeinwirtschaftlichen Leistungen an Spitäler würde die Situation und den Schutz von Gewaltopfern erheblich verbessern, indem ihnen fachgerecht und sicher Hilfe angeboten würde.