Liebe Genoss:innen
Heute war es heiss. Es ging auch heiss her. Vieles wurde sehr heiss gegessen. So wurde – leider einmal mehr – ein Einbürgerungsgesuch ungerechtfertigt abgewiesen. Wohl einfach: weil man es kann. Wohl einfach um populistische Politik zu machen. Wohl einfach um das Wir und die Anderen zu zementieren und betonieren. Wohl einfach um zu zeigen, wer hier das sagen hat. Wohl einfach um mächtig zu sein.
Richtig heiss wurde es beim Gemeindeammann. Da wurden hüben und drüben glühende Reden, akrobatische Metaphern und rhetorische Kunststücke geboten. Es wurde gezerrt und gerissen. Schliesslich hat unsere Frau Präsidentin Elisabeth Burgener den Ammann in die Pension geschickt. Per Stichentscheid! Schöner gehts nimmer!
Solidarisch
Lelia Hunziker
Wieder: Schweizer:innen_Macher:innen am Werk
Wilhelm Tells Gespenst geht um im Rat. Es pöpperlet auf manche Schultern, singt den Schweizerpsalm und bereitet damit Dissonanz aus. Die Schweizer:innen_Macher:innen wüten. Jeder “Tolgge im Reinheft” wird aufgestöbert. Die Weste soll rein und das Gewissen tadellos sein. Nur so ist jemand des roten Passes würdig. Nach letzter Woche wurde diese Woche wieder von der rechtskonservativen Seite ein Gesuch abgelehnt. Das, nachdem der Gesuchsteller alle Hürden überwunden hat und die Gemeinde – nach reiflicher Prüfung und Befragung – das Gesuch gutheissen. Gemeindeautonomie wird von rechter Seite eben nur so lange propagiert, wie es in den Kram passt. Wie letzte Woche sind wir auch bei diesem Gesuch überzeugt, dass es keinem Rekurs Stand hält. Macht einsprachen. Wehrt Euch. Meldet Euch – wir helfen und unterstützen!
Jahresbericht 2021: Wohin mit dem Gewinn?
Lieber würden wir in die Zukunft schauen. Aber was sein muss, muss sein: Das Vorjahr 2021 muss ordentlich und sauber abgeschlossen werden und deshalb knien wir uns fleissig in den Jahresbericht. Viel wurde geredet obwohl das Geld ja schon längst ausgegeben wurde. Zu diskutieren gab, was mit dem Gewinn gemacht werden soll. Ein Luxusproblem. Der Aargau schreibt tiefschwarze Zahlen. So obliegt dem Rat zu diskutieren, wie das Geld zu investieren sei.
Was soll nur mit den 314 Millionen Franken geschehen? Der Regierungsrat will den Steuerwettbewerb weiter befeuern, das Geld in die Ausgleichsreserve stecken und für künftige Steuerentlastung einsetzen. Ganz nach dem liberalen Mantra: Steuergeschenke für die Wirtschaft anstatt Leistungen und Angebote für die Menschen. Die Fraktion sagt Nein: Die Ausgleichsreserve soll nicht weiter gefüttert werden bis diese Gans dick und fett ist. Das Geld soll ausgegeben werden. Es gibt viel zu tun: Bildung, Asylwesen, Nachhaltigkeit, Energie, Sozialwesen, Kultur. Es ist grotesk: Wir sparen, sparen, sparen und Ende Jahr werden händeringend Möglichkeiten gesucht den Gewinn zu verteilen. Wir machen hier nicht mehr mit und sind zusammen mit den Grünen und der EVP die unheilige Allianz mit Rechtsaussen eingegangen. Das hat funktioniert. Nun hoffen wir auf konstruktive und nachhaltige Lösungen. Für Menschen. Nicht für Profite.
Freiwilligenarbeit: Nichts ist dem gelben Sünneli heilig
Freiwilligenarbeit ist in der philanthropischen Schweiz ein wichtiges Standbein der Gesellschaft: Sport, Deutschkurse, Feuerwehr, Samariter:innen, Konzerte und Fastnacht – all das funktioniert nur und ausschliesslich, weil viele Menschen engagiert, freiwillig und gratis arbeiten. Schön. Danke! Freiwilligenarbeit ist auch ein Bestandteil der Kultur im Aargau. Kein Leuchtturm ohne Gratisarbeit. Dafür braucht es Koordination, Unterstützung und Begleitung. Das Geld für diese Begleitung sollte gemäss Rechtsaussen gekürzt werden. Das wurde zum Glück abgelehnt. Freiwilligenarbeit ist kein Selbstläufer. Wertschätzung auch nicht.
Ciao Ammann, hallo Präsident:in
Der Gemeindeammann und somit notabene auch die Frau Gemeindeammann hat die Französische Revolution überlebt. Der Ammann ist also dem Schafott knapp entwischt und amtet noch immer in einigen Kantonen. So auch im Aargau. Er steht in direkter Linie mit dem Schultheiss, dem Vogt, dem Untervogt und dem Meier. Diese Ämter wurden vom Patriziat gewählt. Also vom Adel, den Reichen. Also nix demokratisch. (Ja, okey – das alles ist nicht profanes Wissen einer schusseligen Grossrätin, das Schwarmwissen von Wikipedia hat geholfen).
Also: Der Ammann ist nicht nur aus feministischer Perspektive ein Chabis, auch demokratisch ist der Titel ein Desaster. Zudem kommt es an ausserkantonalen Treffen regelmässig zur Verwechslung mit dem Betreibungsbeamten. Also Bubble total. Es verwundert deshalb nicht, dass interkantonale Projekte (Stichwort Limmattalbahn) jeweils äusserst schwerfällig und schwierig sind. Die rechtskonservative Seite polterte, dass der Emanzipierungswahn (E-man-zi-pier-ungs-wahn – das zerfliesst wie ein Chatzenzüngli auf der Zunge – oder gar wie die oberste Spitze einer Raketenglace) keine Grenzen kennt und nicht mal vor dem ehrenwerten Ammann Halt macht. Und eine Exponentin der Liberalen liess sich zur Rhetorik “Esch das denn s’Nötigscht” hinreissen. Zu guter Letzt wurde die Gemeindeautomomie bemüssigt. Ja, man legt sich die Welt in diesem Rat schon oft so zu Recht, wie es einem halt gefällt.
Der Rat hat sich heute per Stichentscheid unserer Präsidentin Elisabeth Burgener für die Zukunft entschieden und den Ammann in die Pension geschickt. Endlich!
Wir waren fleissig (Sprecher:in):
- Postulat Alain Burger, SP, Wettingen (Sprecher), Colette Basler, SP, Zeihen, Simona Brizzi, SP, Ennetbaden, vom 21. Juni 2022 betreffend politische Bildung auf der Sekundarstufe II stärken
- Interpellation der SP-Fraktion (Sprecher Alain Burger, Wettingen) vom 21. Juni 2022 betreffend Digitalisierung der Aargauer Schulen
- Motion Lea Schmidmeister, SP, Wettingen (Sprecherin), vom 21. Juni 2022 betreffend Erhöhung der Kosten für hauswirtschaftliche Leistungen im Rahmen der Verordnung über die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten bei Ergänzungsleistungen
- Motion der SP-Fraktion vom 21. Juni 2022 (Sprecherin Lea Schmidmeister, Wettingen) betreffend Ausweitung der Stipendienberechtigung für F Ausländer:innen
- Interpellation Lelia Hunziker SP, Aarau (Sprecherin), Colette Basler, SP, vom 21. Juni 2022 betreffend religiöse Aktivitäten von Lehrpersonen an Aargauer Schulen