Rotes Protokoll vom 16. Mai 2023

Liebe Genoss:innen

So ein Tag im Grossen Rat bedarf schon einiges an Fitness. Wir balancierten von statistischen Rechnereien, über rhetorische Achterbahnfahrten, zu stinkenden Fischköpfen, Giftspritzen und ja natürlich: Asylunterkünften. Asylunterkünfte gehen immer.  

Es gab keine wilden Abstürze heute, aber auch keine Höhenflüge.  Also nein – das stimmt so nicht. Ein Lichtblick gab es: Wir durften Rolf Schmid neu in unserer Fraktion begrüssen. Rolf ist aus dem wunderbaren Fricktal, Steuerexperte und Präsident des Vereins Netzwerk Asyl. Lieber Rolf, willkommen in diesem wilden Zoo. Es ist mopsfidel, ochsenstark, schlangenzüngig, kauzig, hundeelend, wurmstichig, bärbeissig, affengeil und selten mucksmäuschenstill. Das Team des roten Protokolls heisst dich mit einem lammfrommen Muh herzlich willkommen.

Solidarisch

Lelia Hunziker und Alain Burger

Das Protokoll im PDF zum Ausdrucken

Statistikgesetz: neutrale Fakten für gute Planung

Wie viele Menschen leben im Aargau? Wer fährt alles mit einem E-Bike zur Arbeit? Wie viele Frauen sitzen im Grossen Rat? Statistische Informationen sind wichtige Planungsinstrumente und Entscheidungsgrundlagen für die Öffentlichkeit, die Wirtschaft, die Verwaltung und die Politik. Ok, der Grosse Rat entscheidet nicht immer aufgrund der Faktenlage. Manchmal reicht eine Maturaarbeit von drei Jungfreisinnigen und ein ungesundes Misstrauen, um kostspielige Studien über linke Lehrpersonen zu fordern. Anderes Thema. Heute sagte der Grosse Rat Ja zum Statistikgesetz. Das Gesetz fasst alle Bestimmungen zur Datenerhebung, den Nutzen von Daten, die Aufbewahrung und Weiterverwendung an einem Ort zusammen. Diskutiert wurde vor allem, ob auch die dritte Staatsgewalt, die Gerichte, Daten für die kantonale Statistik liefern sollen. Die FDP fürchtete einmal mehr bürokratischen Mehraufwand, blieb mit ihrem Nein aber chancenlos. Wir finden das neue Statistikgesetz gut. Die kantonale Statistik liefert spannende Zahlen zum Aargau. Das machen Maturaarbeiten teilweise auch, doch im Gegensatz zu Maturaarbeiten ist die kantonale Statistik neutral.

Wir lassen das KSA nicht im Regen stehen

Um 12 Uhr – etwas sediert vom Hunger und den Diskussionen rund um Statistik – begann die Debatte um die Finanzierungsspritze (ein Cocktail aus Vodka, Vitaminen, Penicillin und Antibiotika), also eigentlich eine Kanüle oder vielleicht auch ein Einlauf für das KSA. Und ja, es sollte lange dauern. Es ging um Eisberge, stinkenden Fischköpfen, sogar Shakespeare wurde zitiert, leere Hosentaschen und Loser. Schulden wurden hin und her geschoben. Es gab Zurechtweisungen, Erklärungen,  historische Herleitungen, Vorträge und Massregelungen. Es gab Vergangenheitsbewältigung und einmal mehr den Blick in die Zukunft durch die Kristallkugel. Zähne wurden geknirscht. Ja, es ächzte und stöhnte im Gebälk des Regierungsgebäudes. Harassenweise saure Äpfel wurden gegessen. Rhetorisch wurde einiges ausprobiert. Es gab Gepolter, semantische Fragen, somatisches Stöhnen, Gezeter, Gejammer und viel Besserwisserei. Es gab Blitze, Donner, kalte Duschen, Dampf, Nebel, Schall und Rauch. Das Parlament erwies sich alle Ehre. Es wurde viel parliert. Ja, die Leviten wurden amtlich verlesen. Und zum Schluss, nach 15 Uhr, ging der Kredit mit 121 Ja und nur 12 Nein Stimmen durch. Hmmm. Das war wahrlich viel Blabla um wenig Dissonanz. Dennoch: Wir sind sehr froh um dieses klare Votum für einen starken Service Public. 

Schutzstatus S: kantonale oder kommunale Aufgabe?

Geflüchtete Ukrainer:innen erhalten seit März 2022 den Schutzstatus S, der schnell und unbürokratisch gewährt wurde. Zum Glück. Der Regierungsrat hat damals eine befristete Verordnung erlassen und möchte nun festlegen, dass die Gemeinden für Geflüchtete mit dem Status S zuständig sind. Die zuständige Kommission war sich einig, dass die Unterbringung und Unterstützung von Asylsuchenden eine Verbundaufgabe von Kanton und Gemeinden ist und bleiben soll. Wir waren uns nicht einig: Sollen die Gemeinden auch für Menschen mit Schutzstatus S zuständig sein oder stiehlt sich der Kanton aus der Verantwortung? “Die Gemeinden schaffen das!” meint der Regierungsrat. “Die Gemeinden schaffen das!” meinte auch der Grosse Rat. Und wir alle hoffen, dass der Krieg bald endet und wir das Gesetz gar nicht brauchen. 

Waldbaden und Lyrik auf Staatskosten?

Die Aargauischen Volkshochschulen leisten viel. Unbestritten. Ein Blick auf die Kursangebote zeigt, wie vielfältig das Angebot heute ist: Schmetterlinge aufziehen für Einsteiger, Lyrik im Kloster St. Urban, Naturbestattungen im Fokus, Führung durch die Kunsträume von Christoph Blocher (yes – honestly!), biologisches Insektenmittel selber herstellen, Barfuss-Workshop, Waldbaden. Ein bunter Strauss von Möglichkeiten. Nachdem der Regierungsrat die Gelder für die Volkshochschulen gestrichen hatte, wollten wir gemeinsam mit Mitte und GLP das Weiterbildungsgesetz anpassen. Dafür gab es leider keine Mehrheit. Aber immerhin muss die Regierung nun einen Bericht verfassen. Ein Bericht, der aufzeigen soll, wie die Volkshochschulen vom Kanton unterstützt werden können, damit auch in Zukunft Schmetterlinge aufgezogen und Blochers Kunst bewundert werden kann.

Ein energiepolitischer Erfolg für die SP im Einwohnerrat Wohlen

Zusammen mit den Grünen forderte die SP Wohlen in einem gemeinsamen Vorstoss, dass die Gemeinde das Label Energiestadt wieder einführt und Wohlen damit weitere energiepolitische Massnahmen ergreifen muss. Das Label Energiestadt wurde 2016 aus dem Budget gestrichen, nun wurde dieser Fehlentscheid wieder korrigiert. Und auch ein Vorstoss zur Einführung eines Klima-Leitbildes auf Gemeindestufe fand eine breite Mehrheit. Zwei gute Entscheide in der aktuell sehr hitzigen Klimadebatte.

Wir waren fleissig

Postulat Luzia Capanni, SP, Windisch (Sprecherin) vom 16. Mai 2023 betreffend Entlastung der Gemeinden mit UMA-Unterkünften bei Gemeindebeiträgen für die nachobligatorische Bildung

Hast du noch eine Frage? Die SP-Grossrät:innen freuen sich über deine Anregungen. Die Kontaktangaben findest du hier. Die Expert:innen der SP sind Mitglied der zuständigen Grossratskommission.

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