Wir wehren uns gegen weitere Kürzungen in der Sozialhilfe

Der Grosse Rat hat die Initiative «Arbeit muss sich lohnen» der Jungen SVP knapp zur Annahme empfohlen – ein Entscheid, der das zunehmend unsolidarische politische Klima im Kanton widerspiegelt. Die Initiative steht exemplarisch für eine Politik, die auf pauschale Verdächtigungen setzt statt auf individuelle Unterstützung und nachhaltige Integration.

Von Selena Rhinisperger, Grossrätin und Co-Geschäftsführerin SP Aargau, Baden

Die Initiative fordert, dass der Grundbedarf in der Sozialhilfe nach zwei Jahren ununterbrochenem Leistungsbezug pauschal um mindestens 5 Prozent gekürzt wird – mit acht definierten Ausnahmefällen. Was auf den ersten Blick nach einem neuen Instrument klingt, ist in Wahrheit Symbolpolitik: Denn bereits heute können Sozialdienste Kürzungen von bis zu 30 Prozent vornehmen, wenn sich Betroffene nicht an Auflagen halten. Die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten sind ausreichend und wirken, wie die sinkende Sozialhilfequote und rückläufigen Fallzahlen belegen. Doch die Initiative geht weiter –
und gefährdet die soziale Stabilität im Kanton. Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, befinden sich oft in schwierigen Lebenslagen. Viele sind ausgesteuert, warten auf einen IV-Entscheid oder kämpfen mit gesundheitlichen und familiären Herausforderungen. Pauschale Kürzungen erzeugen zusätzliche Existenzängste, die den Weg zurück in den Arbeitsmarkt erschweren statt erleichtern. Wer sich beruflich weiterentwickeln will, braucht Sicherheit – nicht Druck.

Arbeit lohnt sich bereits heute
Die Sozialhilfe sichert lediglich das Existenzminimum. Wer arbeitet, hat ein höheres Einkommen, Zugang zu beruflicher Entwicklung und soziale Anerkennung. Der Anreiz zur Erwerbsarbeit ist also längst gegeben – die Initiative suggeriert ein Problem, das so nicht existiert.

Mehr Bürokratie, höhere Kosten
Auch finanziell ist die Vorlage ein Irrweg. Die Prüfung der Ausnahmefälle bedeutet für die Gemeinden einen erheblichen Mehraufwand. Laut dem Verband der Aargauer Gemeindesozialdienste (VAGS) übersteigen die Verwaltungskosten die möglichen Einsparungen deutlich. Statt effizienter zu werden, würde die Sozialhilfe teurer und bürokratischer.

Besonders betroffen: Familien mit Kindern und Alleinerziehende
Kinder und Jugendliche machen ein Drittel aller Sozialhilfebeziehenden aus. Auch wenn sie formal von Kürzungen ausgenommen sind, trifft es ihre Familien über die Eltern direkt. Die Initiative untergräbt die Schutzfunktion der Sozialhilfe und verletzt das Prinzip der Menschenwürde, wie es im Sozialhilfe- und Präventionsgesetz des Kantons Aargau verankert ist. Wir sagen am 8. März 2026 klar Nein zu dieser Initiative und kämpfen für eine gerechte, solidarische und integrationsfördernde Sozialpolitik, die Menschen stärkt, statt sie zu bestrafen.

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Animation laden...Animation laden...Animation laden...

Newsfeed