Interpellation Martin Brügger, SP, Brugg (Sprecher), (…), vom 8. Dezember 2020 betreffend Situation von jugendlichen Autisten im Aargau

Text und Begründung:

Der Bundesrat hat im Anschluss an das Postulat Hêche 12.3672 “Autismus und andere schwere Ent- wicklungsstörungen” ein Forschungsprojekt in Auftrag gegeben und gestützt darauf in seinem Bericht vom 24.06.2015 in Beantwortung des Postulats einen Handlungsbedarf erkannt. Darauffolgend wurde das Bundesamt für Sozialversicherungen beauftragt, dem Bundesrat eine Evaluation der Empfehlungen des Forschungsberichts sowie Folgerungen, die daraus zu ziehen sind, vorzulegen. Der Bericht zu diesem Zweck liegt vor; mit Massnahmen, welche vorsehen, Menschen (Jugendliche) mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) besser zu fördern, zu begleiten und in die Gesellschaft zu integrieren. Offensichtlich ist der Bedarf gross!

Es ist selbstverständlich, dass eine Art von Beeinträchtigung jeweils nicht nur isoliert betrachtet wer- den soll, sondern bei Entwicklungsstörungen ein Massnahmenplan für alle “nicht geförderten” Kinder und Jugendlichen nötig ist. Da aber Autismus als Behinderung eine sehr spezielle und tiefgreifende Entwicklungsstörung darstellt, ist es notwendig, dass dieser Behinderung genügend Aufmerksamkeit zukommt – dazu braucht es dringend Schulen mit genügend Ressourcen, Fachwissen und Motivation. Kinder/Jugendliche mit einer Autismus-Spektrum-Störung müssen adäquat unterrichtet werden, damit die Chance gewahrt wird, sie ins Erwerbsleben integrieren zu können. Darum braucht es auch im Anschluss an die Schule geeignete Unterstützung im Berufswahlprozess, an Lehr- und Arbeits- stellen, weiterführenden Schulen sowie Anschlusslösungen bezüglich Wohnen. Autismus ist keine Normvariante und auch nicht chic, sondern eine starke Behinderung, welche angeboren ist (auch wenn sich bei einigen Betroffenen die Auffälligkeiten erst nach dem 3. Lebensjahr einer Autismus- Spektrum-Störung zuordnen lassen) und ist nicht heilbar. Wie bereits in anderen Vorstössen kritisiert wurde, bleibt betroffenen Kindern im Kanton Aargau im Vorschulalter eine wissenschaftlich gefor- derte, intensive autismusspezifische Frühförderung verwehrt. Aber auch als betroffene Jugendliche werden sie in allen Aspekten des täglichen Lebens, Lernens und beim Berufseinstieg nicht oder zu wenig unterstützt. Die Familien von Jugendlichen sind täglich mit den Einschränkungen konfrontiert und der Leidensdruck ist gross. Viele Eltern fühlen sich von der Gesellschaft und den Behörden al- leingelassen. Unterstützung erhalten die Angehörigen von ads (autismus deutsche schweiz) – aus- serdem unterstützen sich die Eltern gegenseitig, bezahlen Weiterbildungen und Unterstützung heute weitgehend selbst – tragen also den schwierigen Alltag alleine. Für Familien braucht es eine länger- fristige Begleitung, finanzielle Unterstützung und Entlastungsangebote – für die heranwachsenden Jugendlichen ist kompetente Unterstützung durch Fachpersonen mit ausreichendem Autismuswissen unabdingbar.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was im Kanton Aargau (in Anlehnung an die Emp- fehlungen des Bundesratsberichts) unternommen wird, um die Situation der Betroffenen jungen Au- tist*innen und deren Angehörigen zu verbessern. Der Regierungsrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

  • HatmanimDepartementBildung,KulturundSport(BKS)vomBerichtdesBundesratsundden Empfehlungen Kenntnis genommen und welche empfohlenen Massnahmen wurden umgesetzt oder werden noch umgesetzt?
  • ErhaltendiebetroffenenKinder/JugendlichenimKantonAargauausreichendeundspezifische Förderung? Nach welchen Kriterien erfolgt die Förderung?
  • Welche,denautistischenSchüler*innenangepasstenSchulformenwurdenbisherimKanton Aargau aufgebaut oder welche spezialisierten Schulen werden für Kinder/Jugendliche aus dem Kanton Aargau angeboten? Wie wird die notwendige Unterstützung in den Regelschulen gewähr- leistet und deren Qualität sichergestellt; sind weitere Massnahmen in nächster Zeit vorgesehen?
  • SinddieSchulenmitgenügendRessourcenundautismusspezifischemFachwissenausgestattet, um die betroffenen Kinder/Jugendlichen adäquat zu schulen? Welche Massnahmen sind geplant?
  • WirddemÜbergangvonderVolksschulezumberuflichenWerdegangindieberuflicheAusbil- dung Rechnung getragen?
  • ErhaltendiebetroffenenFamilienUnterstützungundstehenEntlastungsangeboteoderdieFinan- zierung solcher zur Verfügung?

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